Tragisch, ergreifend und wissenswert werden hier Einblicke in das Apartheidsystem Südafrikas gewährt, mit etwas Humor gewürzt.
Trevor
Noahs Biografie erscheint als deutsche
Übersetzung durch Heike Schlatterer unter dem Titel "Farbenblind" 2017 im Blessing Verlag. (Werbung)
Trevor
Noah kam 1984 im Township Soweto als Sohn einer Xhosa und eines
Schweizers zur Welt. In dieser Zeit herrschte in Südafrika das
Apartheidsregime und "gemischtrassige" Beziehungen standen unter
Strafe.
Trevor war eigentlich ein Kind, das es nicht geben durfte
und er erlebte neben Armut und Rassismus auch die mutige Auflehnung
seiner
"farbenblinden" Eltern. Sie versuchten auf ihre Weise, Trennungen
zwischen Ethnien und Geschlechtern zu überwinden. Inzwischen ist Trevor
ein bekannter Comedian und lebt in New York.
Trevor Noah erzählt in seiner Biografie, wie er die
Apartheid erlebt hat und trotz der Probleme seinen Platz im Leben gefunden hat.
Dieses Buch gewährt tiefe Einblicke in das Apartheidsystem Südafrikas, erklärt
Stammesrivalitäten und zeigt Diskriminierung aus nächster Nähe.
Das Buch beginnt mit dem Immorality Act, das Unsittlichkeitsgesetz von
1927. Dieses verbot außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen, ich
zitiere wörtlich: "Europäern und Eingeborenen". Bei Zuwiderhandlung war
mit Freiheitsstrafe zu rechnen.
Trevor wird nicht nur in einem Land mit extremer Rassentrennung groß, er
ist auch noch ein Mischlung und gehört damit nicht zu den Schwarzen und
nicht zu den Weißen. Das macht seine Situation so schwierig, dass seine
Mutter ihn als Kind verstecken muss. Schliesslich hat sie gegen das
Gesetz verstoßen.
Man kann es kaum glauben, denn Trevor
Noahs Kindheit ist kaum 30 Jahre her und doch erlebt der Mischlingsjunge am eigenen Leib Rassendiskriminierung. Er
erklärt, wie Schwarze, Farbige, also Mischlinge, Inder und Weiße jeweils
als eigene Rasse gesehen wurden und sogar die Toiletten danach
gekennzeichnet wurden. Doch nicht nur nach der Hautfarbe wurde unterschieden, auch sprachlich gesehen gibt es in Südafrika eine Vielzahl verschiedener Ethnen und Sprachen.
Trevors Schilderungen berühren, klären auf und zeigen tragische Einblicke in sein Leben. Er ist
kein einfach zu bändigendes Kind, seine Erlebnisse sind von der Gewalt
des prügelnden Stiefvaters geprägt und er hat große Probleme mit seiner
eigenen Identität. Zu welcher Gruppe von Menschen gehört er?
Schliesslich ist er ein Mischling, auch wenn er sich als Schwarzer sieht. Gemeinsam mit seiner Mutter und einer ordentlichen Portion Humor meistert Trevor viele Schwierigkeiten. Sie sorgt dafür, dass er Englisch und andere Sprachen spricht.
Bei dieser Lektüre ist man von einigen Erlebnissen erschüttert, sieht wie Trevor selten Anschluss findet und dank seiner Sprachkenntnisse eigentlich Zugang zu verschiedenen Gruppen findet. Um Geld zu verdienen, erstellt er illegale Raubkopien und verkauft sie, ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Dennoch findet er seinen Weg im Leben.
Seine komische Ader macht ihn zu einen unterhaltsamen Erzähler, doch nicht alle Kapitel des Buches haben mich gleichermaßen interessiert und unterhalten. Was mich aber fasziniert hat, ist seine im Buch zum Ausdruck gebrachte Liebe zu seiner Mutter.
Am aufschlussreichsten finde ich die Erklärungen über die vielen
Sprachgruppen Südafrikas, die Stammeskonflikte dieser Gruppen
untereinander und die Probleme, sich gemeinsam als ein Volk zu fühlen.
Diese Biografie zeigt emotionale, persönliche und tragische Momente im Leben des Trevor Noah, der seinen Lebensweg mit Mut, Humor und einem gefestigten Charakter eingeschlagen hat.
***Dieses Buch ist ein Reziexemplar des Bloggerportals, herzlichen Dank an den Blessing Verlag!***
Der sagenhafte Aufstieg der Nombeko M.
Der zweite Roman "Die Analphabetin, die rechnen konnte" von
Erfolgsautor Jonas Jonasson erschien bereits 2013. Jetzt gibt es die
Taschenbuchausgabe aus dem Penguin Verlag.
Nombeko lebt
in einem südafrikanischen Slum in Soweto. Mit fünf arbeitete sie als
Latrinenträgerin, um zu überleben, mit zehn wurde sie Waise, mit
fünfzehn
von einem Auto überfahren. Das war ihr Glück im Unglück, denn so kam
sie aus dem Slum, wurde Putzfrau und kam später in höchste Kreise.
"Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass eine Analphabetin im Soweto
der Siebzigerjahre aufwächst und eines Tages mit dem schwedischen König
und dem Ministerpräsidenten des Landes in einem Lieferwagen sitzt, liegt
bei eins zu fünfundvierzig Milliarden siebenhundertsechsundsechzig
Millionen zweihundertzwölftausendachthundertzehn.
Und zwar nach den Berechnungen eben dieser Analphabetin."
Fantasievoll, witzig, schreibgewandt, skurril, unterhaltsam, wissenschaftlich, aber ab der Mitte mit einigen Längen!
Jonasson
beginnt seine Geschichte im
Apartheidsystem Südafrikas. Wir begleiten die junge Nombeko, die dank
einer Hochbegabung ein Rechengenie ist und dank ihrer harten Lehre im
Slum eine Kämpferin wurde und so ohne Zugang zu Bildung trotzdem Lesen
und Schreiben lernte, außerdem noch Chinesisch und Atomphysik. Nach
einem Unfall arbeitet sie als Putzfrau beim Chef der südafrikanischen
Atombehörde und eignet sich das nötige Fachwissen an. Schliesslich kommt
sie illegal nach Schweden, im Gepäck eine von den Behörden unbekannte
Atombombe. Doch Nombeko weiß sich zu helfen.
Ihr
Ehrgeiz und ihr Kämpfergeist ist weiterhin ungebrochen und so lernt sie
Holger 2 kennen, ihre Liebe des Lebens und gemeinsam erleben sie einige
Abenteuer, die sie bis auf höchstes politisches Parkett bringt. Inhaltlich
zeigt Jonasson hier einerseits die Kritik an der Apartheid und
andererseits zeigt er die Problematik der Gefahr durch Atomwaffen und
deren politische Machthaber.
Mit seinen vielen skurrilen Figuren
weiß er gut zu unterhalten. Nombeko ist zwar Putzfrau, hat aber
politische Einflussnahme und ist den Mächtigen der Weltpolitik
überlegen. Es wird hier sehr deutlich, wie sehr menschliche Marionetten
im politischen Getriebe wirken können.
Ich
habe
mich wirklich gut unterhalten gefühlt. Das Buch war zwar völlig abstrus,
aber auch sehr witzig und durch die tolle Mischung aus Absurditäten und
Weltgeschichte wirkte es auf mich wie eine Humoreske.
Es ist zwar
eine völlig irreale Geschichte, aber dennoch zeigen die Themen realen
und aktuellen Bezug und man erlebt die Kritik am Wettrüsten, an der
Apartheid und politischen Machenschaften im Allgemeinen hier sehr
deutlich.Der Autor kann toll schreiben, ohne
Frage! Wie er fast beiläufig politische Themen und die kritische Sicht
auf die Apartheidspolitik verbindet, ist sensationell. Dabei legt er mit
viel Witz eine Geschichte hin, die seinesgleichen sucht.
Mit den
skurrilen Figuren, den unglaublichen Ideen und den unerwarteten
Wendungen hat mich der Roman wirklich mitgerissen. Ab der Mitte des
Buches hatte er jedoch einige Längen. Vielleicht haben auch die unerhört
vielen absurden Situationen bei mir auch zu einer Art Reizüberflutung
geführt. Es waren zum Teil die politischen Themen, die sich um
Mossad-Geheimdienst und Apartheid drehen und dann noch die
allgegenwärtige Atombombe im Gepäck. Da geht einem als Leser fast die
Puste aus. Doch man sollte weiter lesen, das Unrealistische ausblenden
und dann bringt ein spannendes Ende das Buch wieder ins rechte Lot.
Dieses
Buch hat mit seiner unglaublich absurden Handlung und der humorvollen
Erzählweise eine fesselnde Wirkung auf mich gehabt. Dabei war für mich
der Erzählstil Neuland und hat mich überrascht. Die kritischen Untertöne
finde ich gelungen.
Von der Latrine zur Weltpolitik könnte der Lehrsatz des Romans heißen!