Posts mit dem Label Apartheid werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Apartheid werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 21. September 2017

Farbenblind - Trevor Noah

Tragisch, ergreifend und wissenswert werden hier Einblicke in das Apartheidsystem Südafrikas gewährt, mit etwas Humor gewürzt.


Trevor Noahs Biografie erscheint als deutsche Übersetzung durch Heike Schlatterer unter dem Titel "Farbenblind" 2017 im Blessing Verlag.
(Werbung)  
 
Trevor Noah kam 1984 im Township Soweto als Sohn einer Xhosa und eines Schweizers zur Welt. In dieser Zeit herrschte in Südafrika das Apartheidsregime und "gemischtrassige" Beziehungen standen unter Strafe. 
Trevor war eigentlich ein Kind, das es nicht geben durfte und er erlebte neben Armut und Rassismus auch die mutige Auflehnung seiner "farbenblinden" Eltern. Sie versuchten auf ihre Weise, Trennungen zwischen Ethnien und Geschlechtern zu überwinden. Inzwischen ist Trevor ein bekannter Comedian und lebt in New York. 






Trevor Noah erzählt in seiner Biografie, wie er die Apartheid erlebt hat und trotz der Probleme seinen Platz im Leben gefunden hat.
Dieses Buch gewährt tiefe Einblicke in das Apartheidsystem Südafrikas, erklärt Stammesrivalitäten und zeigt Diskriminierung aus nächster Nähe.
Das Buch beginnt mit dem Immorality Act, das Unsittlichkeitsgesetz von 1927. Dieses verbot außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen, ich zitiere wörtlich: "Europäern und Eingeborenen". Bei Zuwiderhandlung war mit Freiheitsstrafe zu rechnen.  

Trevor wird nicht nur in einem Land mit extremer Rassentrennung groß, er ist auch noch ein Mischlung und gehört damit nicht zu den Schwarzen und nicht zu den Weißen. Das macht seine Situation so schwierig, dass seine Mutter ihn als Kind verstecken muss. Schliesslich hat sie gegen das Gesetz verstoßen. 

Man kann es kaum glauben, denn Trevor Noahs Kindheit ist kaum 30 Jahre her und doch erlebt der Mischlingsjunge am eigenen Leib Rassendiskriminierung. Er erklärt, wie Schwarze, Farbige, also Mischlinge, Inder und Weiße jeweils als eigene Rasse gesehen wurden und sogar die Toiletten danach gekennzeichnet wurden. Doch nicht nur nach der Hautfarbe wurde unterschieden, auch sprachlich gesehen gibt es in Südafrika eine Vielzahl verschiedener Ethnen und Sprachen.

Trevors Schilderungen berühren, klären auf und zeigen tragische Einblicke in sein Leben.
Er ist kein einfach zu bändigendes Kind, seine Erlebnisse sind von der Gewalt des prügelnden Stiefvaters geprägt und er hat große Probleme mit seiner eigenen Identität. Zu welcher Gruppe von Menschen gehört er?
Schliesslich ist e
r ein Mischling, auch wenn er sich als Schwarzer sieht. Gemeinsam mit seiner Mutter
und einer ordentlichen Portion Humor meistert Trevor viele Schwierigkeiten. Sie sorgt dafür, dass er Englisch und andere Sprachen spricht.  
 
Bei dieser Lektüre ist man von einigen Erlebnissen erschüttert, sieht wie Trevor selten Anschluss findet und dank seiner Sprachkenntnisse eigentlich Zugang zu verschiedenen Gruppen findet. Um Geld zu verdienen, erstellt er illegale Raubkopien und verkauft sie, ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Dennoch findet er seinen Weg im Leben. 

Seine komische Ader macht ihn zu einen unterhaltsamen Erzähler, doch nicht alle Kapitel des Buches haben mich gleichermaßen interessiert und unterhalten. Was mich aber fasziniert hat, ist seine im Buch zum Ausdruck gebrachte Liebe zu seiner Mutter.

Am aufschlussreichsten finde ich die Erklärungen über die vielen Sprachgruppen Südafrikas, die Stammeskonflikte dieser Gruppen untereinander und die Probleme, sich gemeinsam als ein Volk zu fühlen.

   
Diese Biografie zeigt emotionale, persönliche und tragische Momente im Leben des Trevor Noah, der seinen Lebensweg mit Mut, Humor und einem gefestigten Charakter eingeschlagen hat. 


 ***Dieses Buch ist ein Reziexemplar des Bloggerportals, herzlichen Dank an den Blessing Verlag!***


Samstag, 8. Oktober 2016

Die Analphabetin, die rechnen konnte - J. Jonasson

 Der sagenhafte Aufstieg der Nombeko M.


Der zweite Roman "Die Analphabetin, die rechnen konnte" von Erfolgsautor Jonas Jonasson erschien bereits 2013. Jetzt gibt es die Taschenbuchausgabe aus dem Penguin Verlag.


Nombeko lebt in einem südafrikanischen Slum in Soweto. Mit fünf arbeitete sie als Latrinenträgerin, um zu überleben, mit zehn wurde sie Waise, mit fünfzehn von einem Auto überfahren. Das war ihr Glück im Unglück, denn so kam sie aus dem Slum, wurde Putzfrau und kam später in höchste Kreise.



"Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass eine Analphabetin im Soweto der Siebzigerjahre aufwächst und eines Tages mit dem schwedischen König und dem Ministerpräsidenten des Landes in einem Lieferwagen sitzt, liegt bei eins zu fünfundvierzig Milliarden siebenhundertsechsundsechzig Millionen zweihundertzwölftausendachthundertzehn.
Und zwar nach den Berechnungen eben dieser Analphabetin."



Fantasievoll, witzig, schreibgewandt, skurril, unterhaltsam, wissenschaftlich, aber ab der Mitte mit einigen Längen!



Jonasson beginnt seine Geschichte im Apartheidsystem Südafrikas. Wir begleiten die junge Nombeko, die dank einer Hochbegabung ein Rechengenie ist und dank ihrer harten Lehre im Slum eine Kämpferin wurde und so ohne Zugang zu Bildung trotzdem Lesen und Schreiben lernte, außerdem noch Chinesisch und Atomphysik. Nach einem Unfall arbeitet sie als Putzfrau beim Chef der südafrikanischen Atombehörde und eignet sich das nötige Fachwissen an. Schliesslich kommt sie illegal nach Schweden, im Gepäck eine von den Behörden unbekannte Atombombe. Doch Nombeko weiß sich zu helfen.

Ihr Ehrgeiz und ihr Kämpfergeist ist weiterhin ungebrochen und so lernt sie Holger 2 kennen, ihre Liebe des Lebens und gemeinsam erleben sie einige Abenteuer, die sie bis auf höchstes politisches Parkett bringt. Inhaltlich zeigt Jonasson hier einerseits die Kritik an der Apartheid und andererseits zeigt er die Problematik der Gefahr durch Atomwaffen und deren politische Machthaber.
Mit seinen vielen skurrilen Figuren weiß er gut zu unterhalten.  Nombeko ist zwar Putzfrau, hat aber politische Einflussnahme und ist den Mächtigen der Weltpolitik überlegen. Es wird hier sehr deutlich, wie sehr menschliche Marionetten im politischen Getriebe wirken können.


Ich habe mich wirklich gut unterhalten gefühlt. Das Buch war zwar völlig abstrus, aber auch sehr witzig und durch die tolle Mischung aus Absurditäten und Weltgeschichte wirkte es auf mich wie eine Humoreske.
Es ist zwar eine völlig irreale Geschichte, aber dennoch zeigen die Themen realen und aktuellen Bezug und man erlebt die Kritik am Wettrüsten, an der Apartheid und politischen Machenschaften im Allgemeinen hier sehr deutlich.
Der Autor kann toll schreiben, ohne Frage! Wie er fast beiläufig politische Themen und die kritische Sicht auf die Apartheidspolitik verbindet, ist sensationell. Dabei legt er mit viel Witz eine Geschichte hin, die seinesgleichen sucht. 


Mit den skurrilen Figuren, den unglaublichen Ideen und den unerwarteten Wendungen hat mich der Roman wirklich mitgerissen. Ab der Mitte des Buches hatte er jedoch einige Längen. Vielleicht haben auch die unerhört vielen absurden Situationen bei mir auch zu einer Art Reizüberflutung geführt. Es waren zum Teil die politischen Themen, die sich um Mossad-Geheimdienst und Apartheid drehen und dann noch die allgegenwärtige Atombombe im Gepäck. Da geht einem als Leser fast die Puste aus. Doch man sollte weiter lesen, das Unrealistische ausblenden und dann bringt ein spannendes Ende das Buch wieder ins rechte Lot.  




Dieses Buch hat mit seiner unglaublich absurden Handlung und der humorvollen Erzählweise eine fesselnde Wirkung auf mich gehabt. Dabei war für mich der Erzählstil Neuland und hat mich überrascht. Die kritischen Untertöne finde ich gelungen.
Von der Latrine zur Weltpolitik könnte der Lehrsatz des Romans heißen!