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Donnerstag, 18. April 2024

Das Flüstern des Lebens - Katharina Fuchs

Eindrucksvoller und bewegender Roman, der zum Nachdenken anregt!
 
Im Droemer Verlag erscheint "Das Flüstern des Lebens" von Katharina Fuchs.  
 
Die Nachricht vom Tod Corinnas, einer 68-jährigen reichen Kaffeeplantagen-Besitzerin in Tansania mit Villa in München, versetzt ihre Schwester Doris und deren erwachsene Kinder Isabelle und Moritz nicht nur in Trauer, sondern präsentiert ihnen unerwartet ein neues Familienmitglied. Das Geheimnis Tante Corinnas ist deren 14-jährige Tochter Hannah, von deren Existenz niemand in der Familie etwas wusste und die nun nach dem Tod Corinnas bei Doris in der Münchner Villa wohnen soll und im Schoß der Familie aufgenommen wird. Architektin Isabelle erbt die Kaffeeplantage und reist nach Tansania, um die Geschäfte zu regeln. 
 

 
"Der Himmel über mir war wie ein samtiger Mantel, bestickt mit Diamanten, die in der Dunkelheit tanzten. Setzte man Eitelkeit, Macht und Egoismus einzelner Menschen, die wie im Fall von Corinna für so viel Leid sorgten, dazu in Relation, verschwanden sie in der Bedeutlungslosigkeit." Zitat Seite 344

 
Das Buch startet mit Corinnas Todesfall und dem unerwarteten Eintreffen Hannahs. Doch es wurde für mich erst richtig spannend, als Isabelle nach Tansania reist, um ihr Erbe zu inspizieren. Ich habe geahnt, wie sich Hannahs Geburt logisch erklären würde und fand es merkwürdig, dass Corinna ihren Verwandten ihre Tochter jahrelang unterschlagen hat. Willensstark wie sie war, hätte sie sich auch über diese Hürde ethnischer Bedenken in der Familie hinweg gesetzt. Es wurde mir schnell klar, dass Moritz sich seine Chance auf eine Anfechtung des Testaments vor Gericht nicht nehmen lassen wollte. 
 
In "Das Flüstern des Lebens" war ich neben der Herkunft Hannahs auch gespannt auf die zahlreichen Personen und ihr Handeln, ich konnte aber nicht mit allen warm werden. Hannah empfand ich reifer als eine übliche 14-jährige, sie tat mir leid, so zwischen den Stühlen zu stehen und ohne vertraute Personen in einer neuen Familie leben zu müssen. Doch Doris wird für sie zur Vertrauensperson, die ihr mit großmütterlicher Güte und Liebe zur Seite steht. Mit Isabelle habe ich schnell Sympathie geschlossen und fand es dann etwas sehr heldenhaft, wie perfekt sie sich in die Leitung der Kaffeefarm einarbeitet, nachhaltigen Anbau plant und für humane Bedingungen gegen Kinderarbeit engagiert. Ihre Vorhaben lassen sich nicht mal eben umsetzen, doch sie beweist damit Herzblut für die Menschen und die Farm. Die lebendigen Schilderungen der Kaffeeverarbeitung, die Gespräche mit den Einheimischen und die Erlebnisse in der bildhaft beschriebenen Serengeti waren für mich das Highlight der Geschichte. 
 
Tante Corinna war zu Beginn der Geschichte eine schillernde Figur, die alle bewundern, doch der sie umgebende Glanz und die Anerkennung in der Familie bröckelte, je mehr man über sie erfuhr.
Egoistisch, eigenwillig und wie ein Relikt aus einem vergangenen Jahrhundert entpuppte sie sich als übriggebliebene Kolonialherrin, die sich auf Kosten anderer das vom Leben nahm, was sie wollte und ihren Willen durchsetzte. 
 
Sehr detailliert wird die Testamentsanfechtung in allen Einzelheiten geschildert, als Juristin ist die Autorin in diesen Vorgängen versiert, es ist aber sicher nicht für jede Leserin fesselnd. Und die Romanze Isabelles war für mich etwas sehr nach dem berühmten Vorbild "Jenseits von Afrika" gestrickt.    
 
Katharina Fuchs Romane sind für mich durch ihren Erzählstil immer ein Lesegenuss. Ich schätze ihre spürbare Recherche und mag die Geschichten, die von interessanten Schicksalen erzählen und aus dem Leben gegriffen sind. In diesem Buch vereint sie meiner Meinung nach recht viele Themen und Nebenhandlungen, die etwas von der Haupthandlung ablenken. 
Das Buch ermöglicht interessante Einblicke in Kinderarbeit, fehlende Bildungschancen und die Traditionen der Massai und die poetisch Schilderung der landschaftlichen Schönheit Tansanias habe ich genossen. Aufschlussreich sind auch die Bedingungen auf der Kaffeefarm, die von Regenzeit, Überflutung, Hitzeperioden und Schädlingen abhängen und für diese Themen schätze ich den breit angelegten Familienroman. 
Katharina Fuchs hat mal wieder ein Händchen für ansprechende Geschichte bewiesen, der den Blick auf unterschiedliche Kulturen öffnet und zeigt, dass unsere Vorstellungen in anderen Kulturen nicht immer kompatibel sind.  

"Das Flüstern des Lebens" ist ein eindrucksvoller und bewegender Roman, der eine gewisse Dramatik entwickelt, zum Nachdenken anregt und mir Einblicke in eine Kaffeeplantage in Tansania geschenkt hat.


***Herzlichen Dank an den Droemer Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***



Mittwoch, 7. August 2019

Auf Safari! - Alicia Klepeis

Außergewöhnlicher Einblick in Afrikas Tierwelt 


Das Bilderbuch "Auf Safari!" von Alicia Klepeis erschien 2017 im Die Gestalten Verlag und ist für Kinder zwischen 6 und 8 Jahren. 

Der Untertitel verrät, was in diesem Bilderbuch zur Sprache kommt: "Was Afrikas wilde Tiere alles können". Nicht die Big Five wie Elefant, Nashorn und Co werden hier vorgestellt, sondern aussergewöhnliche und eher unbekannte Tiere vom Honigdachs bis zum Katzenfisch. Sie alle sorgen für unterhaltsame und lustige Überraschungen, die alt und jung gleichermaßen erfreuen. 


In diesem wunderschön bebilderten Sachbuch für Kinder werden viele Tiere vorgestellt, die nicht jeder schon einmal gesehen, geschweige denn davon gehört hat. Da gibt es den zahnlosen Pangolin, dessen Körper komplett mit Schuppen überzogen ist oder den Honigdachs, der furchtlos und aggressiv ist und Analdrüsen besitzt, die sehr unangenehme Gerüche verbreiten.
Der Galago, auch Buschbaby genannt, ist nachtaktiv und kann selbst in der Dunkelheit gut sehen.

 
Die Zeichnungen zeigen die Tiere sehr detailgetreu und sind toll anzuschauen, außerdem erhält man weitere Informationen über die Rasse, den Lebensraum und das Sozialverhalten der verschiedenen Tiere. 

Weil diese Tiere spezielle Fähigkeiten entwickelt haben, gibt es über sie einige volkstümliche Mythen über ihre Herkunft. Auch von diesen Geschichten erzählt die Autorin in ihrem Buch. 
Diese Arten sind wenig verbreitet und daher besonders zu schützen, wie man für ihren Erhalt sorgen kann, kommt im Buch auch zur Sprache. Verständnis für den Artenschutz zu entwickeln, ist für Kinder hier spielerisch lernbar.
 

Dieses außergewöhnliche Tierbuch stellt mal die eher unbekannten Tiere Afrikas vor und gibt damit einen Einblick in die Vielfältigkeit der Tierwelt. Afrikas Tierwelt hat noch mehr zu bieten als nur die Big 5. Für Eltern und Kinder gleichermaßen eine interessantes und sehenswertes Bilderbuch zum Anschauen und Lernen.



Dienstag, 8. Januar 2019

Kleines Land - Gaël Faye

Berührend, dramatisch, bedrückend wirkt dieser vielschichtige Roman noch lange nach. 

  

Die Bedeutung von Heimat und Frieden


Gaël Faye wurde 1982 in Burundi als Sohn einer Tutsi und eines französischen Vaters geboren. Sein autobiografisch geprägter Roman "Kleines Land" erschien im Oktober 2017 als deutsche Übersetzung von Brigitte Grosse und Andrea Alvermann im Piper Verlag. Das Buch wurde mit dem Prix Goncourt des Lycéens ausgezeichnet. 

Gabriels Familie lebt in Burundi. Er ist noch ein Kind und trifft sich mit seinen Freunden auf der Straße, sie kommen alle aus gutsituierten Familien und haben eine paradiesische Kindheit. Seine Eltern trennen sich und zu der Zeit zerbricht auch sein kleines Land als nach einem Militärputsch der furchtbare Völkermord in Ruanda beginnt. Als der Krieg in seiner Wohnstraße angelangt ist, schickt sein Vater Gabriel und seine Schwester Ana nach Frankreich. Es dauert zwanzig Jahre, bis Gaby in seine alte Heimat zurückkehrt.



"Hinter scheinbarer Ruhe, einer lächelnden Fassade und großen, optimistischen Reden waren beständig dunkle, unterirdische Kräfte am Werk, um Gewalt und Zerstörung freizusetzen... 1965, 1972 und 1988. Ein böser Geist schaute regelmäßig vorbei, um die Menschen daran zu erinnern, dass Friede nur ein kleines Intervall zwischen zwei Kriegen ist." Zitat Seite 117 

Über den Völkermord in Ruanda und Burundi zwischen Hutu und Tutsi wissen wir hierzulande nur wenig, die Informationen der Nachrichten geben die immense Anzahl der Getöteten mit bis zu 1.000.000 Menschen an und zeigen damit auch das Ausmaß dieser kriegerischen Katastrophe. 

In diesem Roman wird aus der Sicht eines Kindes, des 11jährigen Gaby, über die Entwicklung im Lande Burundi erzählt. Anfangs friedlich zusammenlebende Hutu und Tutsi liefern sich im Jahre 1994 einen erbitterten Bürgerkrieg.  
Gaby erzählt über eine Heimat, die im Krieg auseinanderbricht, wo Nachbarn zu Feinden werden und die Grausamkeiten unvollstellbar sind. 
Seine anfangs glückliche Kindheit zerbricht als sich die Eltern trennen und als der Krieg ausbricht. Auch seine Freunde werden gewalttätig und lassen sich von den Auseinandersetzungen voller Haß anstecken und mitreißen. 

Der Erzählstil des Autors hat mich sehr berührt und gefesselt, hier muss ich auch ein großes Lob an die perfekt gelungene Übersetzung aussprechen. 
Der sprachliche Tonfall ist leicht zu verfolgen, sehr treffend und trotz der dramatischen Ereignisse immer irgendwie schonungslos und sachlich beschreibend. Das verleiht dem Buch eine ganz intensive Wirkung, der man sich als Leser nicht entziehen kann.   

Gaby sagt über seine Heimat: "Nichts ist süßer als der Augenblick, in dem die Sonne hinter den Berggipfeln versinkt." Zitat Seite 81

Soviel Romantik vermutet man bei einem jungen Autor gar nicht. Überhaupt sieht er die Schönheit seiner Heimat ganz bildhaft und intensiv. Je mehr er sich an seine Kindheit erinnert, umso schöner beschreibt er die Umgebung. Während die kriegerischen Auseinandersetzungen und Morde ihm eine Welt voller Gewalt und Grausamkeit vor Augen halten, in die er letzten Endes auch hineingezogen wird und zu einer grausamen Tat gezwungen wird.  

"Völkermord ist ein schwarzer Sumpf, wer nicht darin untergeht, ist für sein Leben verseucht." Zitat Seite 188

Das zeigt die furchtbare Atmosphäre nach dem Militärputsch, in deren Ungewissheit und Schusswechselstimmung, Gabys Leben nur in verschlossenen Zimmern stattfinden ließ. Er findet Ablenkung in Büchern, verdrängt die Situation, so gut er kann.

Gaël Faye berichtet aus kindlicher Perspektive von seiner unbeschwerten Kindheit, aber auch von aufkommendem Krieg, Mord und Vertreibung. Vom Kippen des Friedens in Gewalt und Zerstörung. Wie schnell sich das vollziehen konnte, mussten Tausende Afrikaner am eigenen Leibe erfahren.

In Gabys Fall könnte man auch sagen: Vom Kinderparadies in die Hölle. Die Schrecken dieser Zeit lassen Gaby nicht los, seine Freunde greifen zu Waffen und die Hölle bricht los.  
Als er lange Zeit später zurückkehrt, findet er gefällte Bäume vor, hohe Mauern statt Mangobäumen und Büschen. 

Dieser Roman hat mir sehr eindringlich gezeigt, wie schnell Menschen von Freunden zu erbitterten Feinden und Bestien werden können. Einige Szenen hallen noch in mir nach und so wird dieser Roman mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Intensiv erzählt und berührend stellt "Kleines Land" glückliche Kindheits- und Heimaterinnerungen und schreckliche Kriegserlebnisse nebeneinander und ist ein herausragendes und sehr ergreifendes Buch. Ein wichtiger Appell an die Vernunft für Heimat und Frieden! 

 


Sonntag, 23. Dezember 2018

Der Wasserdieb - Claire Hajaj


Eine interessante Thematik, doch die Umsetzung des Buches konnte mich nicht packen


Claire Hajajs Roman "Der Wasserdieb" erschien bereits 2017 im Blanvalet Verlag. 


Der Ingenieur Nick zieht nach dem Tod seines Vaters von England nach Afrika, um dort ein Kinderkrankenhaus zu bauen. Seine Verlobte Kate lässt er in London zurück. Er beginnt eine Affaire, erkennt wie die Bevölkerung unter der Korruption durch den Gouverneur zu leiden hat und baut als gutgemeinte Tat einen Brunnen, was ihm schwerwiegende Probleme einbringt.




Nachdem ich "Ismaels Orangen" gern gelesen habe, wollte ich dieses Buch unbedingt lesen. Die Inhaltsangabe ist vielversprechend und die Thematik mit Brunnenbau in Afrika hat mich interessiert. 

Doch bei diesem Roman habe ich lange gebraucht und musste mich regelrecht zum Weiterlesen zwingen.   
 

Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven beleuchtet, was für einen tiefen Einblick sorgen könnte. Einmal erzählt der Engländer Nick, dann wieder Jojo, der Sohn der Gastfamilie. Seine Sichtweise ist mir ziemlich fremd geblieben und es war auch nicht immer deutlich, wer gerade den Erzählton angibt.


Nick ist ein junger Mann, der von Schuldgefühlen geplagt wird, doch kaum in Afrika angekommen, stürzt er sich in eine Affaire, was weitere Gewissensbisse nach sich zieht. Außerdem glaubt er, die Korruption mit eigenem Handeln unterbinden zu können, doch das ist eine naive Einstellung und eine falsche Entscheidung. Sein eher unüberlegtes Handeln bringt ihm Schwierigkeiten, für die ich nur wenig Verständnis habe und deshalb konnte ich auch nicht mit ihm mitfühlen. 



Die eigentliche Handlung ist in diesem Roman schwer zu verfolgen, denn viele überflüssige Szenen sorgen für eine Ablenkung von den wesentlichen und wichtigen Dingen im Plot.


Dabei hätte die Idee, die hinter dieser Story steckt, durchaus hochbrisantes Material für einen packenden Roman bereitgehalten. Wasserknappheit und Brunnenbau, ein neues Krankenhaus für afrikanische Kinder, hier glaubt man, von Hilfsprojekten zu erfahren, was aber nur unwesentlich stattfindet. Ich habe nicht einmal herausgefunden, in welchem Land Afrikas wir uns befinden und damit fehlt mir auch jede Orientierung für die Charaktere und Vorgänge.

   
Wie schwer es die Afrikaner in ihren Ländern haben, gegen die Korruption anzugehen, weiß man und liest es auch in diesem Buch.
Die Probleme afrikanischer Länder im Bereich Wasserversorgung, Unterversorgung von Krankenhäusern und unzureichendem Gesundheitswesen beschreibt die Autorin realistisch. Und dennoch gab es viele langatmige und unverständliche Vorgänge, die mich abgelenkt haben und mit den Protagonisten konnte ich ebenfalls nicht viel anfangen. Bei der Beschreibung von Religion zeigt sich deutlich die tiefe Verwurzelung der Afrikaner in ihren Geisterkult.




Trotz der interessanten und aktuellen Probleme, die den afrikanischen Kontinent betreffen, konnte mich die Umsetzung dieses Buches nicht überzeugen und mitnehmen. Einige Längen und unverständliche Szenen haben es mir sehr schwer gemacht, am Ball zu bleiben und das Buch ohne große Pausen zu lesen.


***Für dieses Leseexemplar bedanke ich mich herzlich beim Bloggerportal und dem Blanvalet Verlag!***



Romane der Autorin:

Ismaels Orangen
 

Freitag, 16. Februar 2018

Nirgendwo in Afrika - Stefanie Zweig

Liebeserklärung an Afrika vor dem Hintergrund des 2. Weltkrieges

Kultureller Brückenschlag toll erzählt


Stefanie Zweig emigrierte mit ihren Eltern 1938 nach Kenia und schrieb darüber 1995 ihren Roman "Nirgendwo in Afrika". Das Buch erscheint im Heyne Verlag. Die Verfilmung durch Caroline Link bekam den Oscar im Jahr 2003 als bester ausländischer Film.
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Regina erlebt das Abenteuer der Emigration nach Kenia an der Seite ihrer Eltern, die 1938 Oberschlesien verlassen müssen. Als Juden werden sie Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Rasch erliegt Regina dem Zauber Afrikas und findet eine neue Heimat. 



Dieses Buch hat mich schon vor Jahren sehr fasziniert, denn das Leben der Familie Redlich im fernen Afrika wird darin eindringlich beschrieben. Den Eltern gelingt das Eingewöhnen sehr schwer, zu sehr hängen sie an ihrer Vergangenheit in ihrer alten Heimat und die Sorge um ihre jüdischen Freunde und Verwandte ist groß. Es wird schnell klar, wie schwer es dadurch in einer neuen Welt fällt, dort etwas neu aufzubauen und Wurzeln zu schlagen. Die dabei entstehenden Konflikte mit Traditionen, Erziehung und emotionalem Heimweh machen einen Neuanfang problematisch. Die ältere Generation flüchtet vor einer ungewissen Zukunft in eine Scheinwelt. Nur die Kinder können sich mit der neuen Situation unbelastet von Erinnerungen arrangieren und die neue Heimat annehmen.

Dabei findet Regina einen neuen Freund und innigen Vertrauten, den Hausboy Owour, der ihr Afrika, seine Menschen und die Natur näher bringt.
Das unterstreicht Stefanie Zweig mit ihren bildhaften, recht poetischen
Vergleichen. 
"Stimmen, so hoch wie der Ruf eines Vogels, der die ersten Regentropfen auf den Flügeln fühlt!" 
Solche Sätze zeigen die Naturverbundenheit der Schwarzen, zu der Regina dank Owour Zugang findet.


Gern hätte ich noch mehr über das Leben der Kenianer selbst gelesen, es wird jedoch mehr die eigene Vertriebenengeschichte aufgearbeitet.

Viele Hintergründe der Jahre 1938-1959 ergeben ein klares Bild sowohl aus jüdischer Sicht als auch aus Sicht der Menschen in der Nachkriegszeit. Wie die Familie Redlich ihren Weg geht, ist eine Möglichkeit und wie Regina diese Zeit erlebt, macht Hoffnung auf Neuanfänge und eine positive Vergangenheitsbewältigung.


Ein eindringliches Buch, das Brücken schlägt zwischen Völkern und Kulturen. Es zeigt wie gerade Kinder für neue Wege offen sind. Stefanie Zweig ist mit diesem Buch ein persönliches Ansinnen gelungen, diese Brücken aufzuzeigen. 

 Rezension aus dem Jahr 2016

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Rote Sonne, schwarzes Land - Barbara Wood

Fesselnde Familiensaga aus Kenia mit Einblicken in Stammesrituale und Okkultismus

 

Barbara Wood schrieb die Afrikasaga Rote Sonne, schwarzes Land.

Die Familie Treverton hat mit ihrer Kaffeeplantage eine koloniale Machtstellung und interessanterweise wird die Familie noch von einem alten Fluch belegt und diese Darstellung hat wie gesagt, Voodoo-Charakter. Neben Lord und Lady Treverton zieht auch Grace Treverton nach Kenia, um dort als Ärztin zu arbeiten. Sie gründet später eine Missionsschule und bildet Krankenschwestern aus. 
Grace Nichte Deborah erfährt mit Hilfe von Graces Tagebuch aus dem Leben der Tante und von ihrer Liebe zu einem Schwarzen.  



Dieses Buch ist keine reine Familiensaga, sondern es zeigt anschaulich die Entwicklung Kenias von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart der 80er Jahre. Dabei wird keine romantisches Bild gezeichnet, es geht mit althergebrachten Ritualen nach okkultem Vorbild im afrikanischen Stammesverband recht grob zur Sache. Wer etwas zartbesaitet ist oder eine romantische Liebesgeschichte vor derm Hintergrund der Serengeti erwartet, dem möchte ich von diesem Buch lieber abraten. 

Es wird deutlich beschrieben, wie der afrikanische Stamm im Konflikt zu den weißen Siedlern steht und die beschriebenen Sitten, Traditionen und abergläubischen Bräuche sind klar zu erkennen. Man bekommt ein Gefühl von afrikanischem Spirit und den Voodoo-Handlungen und auch das Thema Beschneidungen von Mädchen ist im Roman eingebunden. Die politische Ebene zeigt die berüchtigten Mau Mau Aufstände, die den Wandel der Gesellschaft anzeigen.

Ansonsten ist dieser Roman teilweise zu ausführlich, die Personenfülle und die verschiedenen tragischen Lebensgeschichten sind mir etwas zu viel.



Ein Roman über eine weiße Siedler-Familie in Kenia, über die Schwarzen und deren Lebensgewohnheiten und eine Liebe, die mit Schwierigkeiten belegt ist. Ein interessanter Einblick in Herz und Seele Afrikas.
 


[Werbung] Ich möchte darauf hinweisen, dass ich für diesen Beitrag nicht bezahlt wurde und ihn aus freien Stücken veröffentliche.

Donnerstag, 16. Juli 2015

Extinction - Kazuaki Takano


Der Thriller Extinction des japanischen Drehbuchautors Kazuaki Takano wurde ein internationaler Bestseller. Die deutsche Ausgabe erscheint beim Verlag C. Bertelsmann.

Ein Thriller mit anspruchsvollem Tiefgang durch wissenschaftliche Themen, ethische Gedanken, politische Ziele und viel Action!


"Irgendwo auf der Welt gab es immer einen Konflikt zwischen Völkern.
Die Grausamkeiten waren nur auszurotten, indem man den Menschen ausrottete und alles Weitere der nächsten Evolutionsstufe überließ." Zitat S. 268



Der Söldner Jonathan Yeager nimmt aus Geldnöten einen Auftrag der amerikanischen Regierung im Kongo an. Gemeinsam mit drei weiteren Männern soll er eine weltweite Epidemie verhindern, die in einem Pygmäenvolk ausgebrochen sein soll. Dieses Volk gilt es gewaltsam auszurotten.
Arthur Rubens ist der Leiter von Yeagers Autrag von Washington aus. Er weiß von einem Kind der Pygmäen, das durch eine genetische Veränderung intelligenzmäßig hoch entwickelt ist und die Menschheit zu bedrohen scheint.
In Japan verstirbt Kento Kagas Vater, der ihm eine mysteriöse Nachricht hinterlassen hat. Der Pharmakologiestudent Kento soll ein Medikament gegen eine tödliche Lungenkrankheit entwickeln. Das Schicksal der Kranken macht ihn betroffen und er stürzt sich in die Arbeit, nicht ahnend, dass der CIA ihm schon auf den Fersen ist.  

Dieser Thriller ist eine bunte Mischung von Polit- und Wissenschaftsthriller, dessen Geschichte sich auf drei Kontinente erstreckt.  
In drei Handlungssträngen führt Takano die verschiedenen Personen und ihre Zielvorgaben ein, baut die Inhalte geschickt weiter aus und führt sie letztendlich zu einer sie verbindenden Aktion zusammen. Dabei wirken die fiktiven Personen sehr authentisch und man kann sich gut in ihre Gedanken und Zielvorstellungen hineinversetzen.

Die Handlung ist fesselnd und wirkt durch die vielen eingebauten Themen sehr tiefgründig und anspruchsvoll. Der Leser wird mit vielschichtigen Themen nicht nur gut unterhalten, sondern auch geistig gefordert.

Durch sein erzählerisches Talent gelingt es Takano geschickt, folgende aktuelle Bereiche im Thriller anzusiedeln und zu einer komplexen Geschichte zu verknüpfen: es geht um ethische Fragen, wissenschaftliche Prozesse zur Herstellung eines Medikaments, politische Einflussnahme und die Vormachtstellung der Amerikaner, Datenüberwachung durch CIA, Informationen zur Evolution und am Beispiel Afrikas die Frage nach dem Sinn von Kriegen. Die menschliche Spezies hält sich für die Krone der Schöpfung, die selbst vor dem Einsatz von Kindersoldaten nicht abschreckt.
Erschreckend sind in diesem Thriller die vielen brutalen Kampfhandlungen, die sich allerdings nahe an der Wirklichkeit orientieren. Gerade die Brutalität der von Kindern ausgeführten Kriegseinsätze machen fassungslos und betroffen. Dieses Buch ist daher eine eindringliche Mahnung zu Frieden und Toleranz auf der Welt. 

Die dargestellten Abläufe der pharmazeutischen Biotechnologie sind für Laien nur schwer nachvollziehbar und recht speziell. Davon sollte man sich allerdings nicht abschrecken lassen. Denn die generelle Handlung ist durchweg spannend gestaltet und gipfelt in einem actionreichen Schluss. Hier zeigt sich Takanos berufliche Erfahrung aus Hollywood in Oscar-verdächtiger Art und Weise. 

 

Dieser Thriller schreit regelrecht danach, verfilmt zu werden. 

 

       ***Rezensionsexemplar vom Bloggerportal - Vielen Dank für die Bereitstellung des Buches!***      

    
                      

Freitag, 22. Mai 2015

Der dunkle Fluss - Chigozie Obioma

Mythos und Wahrheit sind hier eng miteinander verwoben

 

Chigozie Obioma, 1986 in Nigeria geboren, studierte Englisch, Literatur und Kreatives Schreiben auf Zypern und an der University of Michigan.

Benjamin und seine vier Brüder leben in der Nähe eines gefährlichen Flusses, des Omi-Ala in Nigeria. Als ihr Vater in der Ferne Arbeit annimmt, die Familie nur alle paar Wochen besuchen kann, verstoßen sie gegen sein Verbot, sich dem Gewässer zu nähern. Die Fische, die sie dort fangen, sind Vorboten einer tragischen Entwicklung.

 

 

 

Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, versucht nach Jahren der Militärdiktatur die Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen. Reiche Erdölvorkommen können aufgrund von Korruption
nicht zur Armutsbekämpfung dienen. Es gibt ethnische Konflikte durch viele verschiedene Religionen, auch Aberglauben ist noch sehr verbreitet. In Nigeria werden über 500 verschiedene Sprachen und Idiome gesprochen. 

In diesem Roman übernimmt Benjamin, 9 Jahre alt, die Rolle des Erzählers. Seinem Interesse für Tiere ist es zu verdanken, dass er Personen und Ereignissen Tiere zuordnet, die charaktermäßig und situationsgemäß gut passen. Python-Bruder, Falknerin-Mutter und Heuschrecken als Vorboten einer Sturmkatastrophe, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dadurch gewinnt die Geschichte den Eindruck einer Fabel und die bildhafte Schreibweise des Autors unterstützt diesen Charakter noch zusätzlich.

Man verfolgt interessiert diese sehr afrikanisch anmutende Handlung mit und versucht die Zustände in diesem archaisch geprägten Land zu verstehen. Es wird deutlich, wie sehr der Vater seine Familie fortschrittlich nach westlichen Grundsätzen voranbringen möchte. Die Söhne sollen eine gute Ausbildung bekommen und studieren. Doch als der Vater beruflich wegziehen muss, verliert sich nach und nach sein positiver Einfluss auf seine Söhne. Die Mutter ist zwar bemüht, die Söhne gut zu erziehen, kann sich aber gegen die Heranwachsenden nicht durchsetzen.

Äußere Einflüsse bewirken ein Auseinanderbrechen der brüderlichen Liebe und des Vertrauens untereinander. Im Sinne der Dorfbewohner wird schließlich von den Brüdern verrückten Prophezeiungen mehr geglaubt als den eigenen Geschwistern. Sicherlich ein nachvollziehbarer Akt im abergläubigen Nigeria, wo Voodoo vom Volk der Yoruba religiös praktiziert wird. Auch wenn sich das nicht mit der Erziehungsweise und Ansicht des Vaters zu decken scheint.
Hier zeigen sich die großen Unterschiede zwischen westlicher Anschauung und Lebensphilosophie und dem afrikanischem Verständnis.
So kommt es in dieser Familie zum Auseinanderbrechen, eine dramatische Tragödie entwickelt sich, der man tief bewegt und teilweise verständnislos folgt.
Der Wunsch des Vaters nach Bildung und einem guten Leben für seine Familie wird sich nicht bewahrheiten. Die Tragödie nimmt seinen Lauf.

Dieses berührende Buch bringt dem Leser sehr eindringlich Afrika und seine archaischen Denkweisen näher. Betroffen liest man von diesen Schicksalen und hat einiges zu verarbeiten und durchdenken.
Mit bildhafter Dramatik und einer Menge Emotionen hat der Autor seinen Roman geschrieben und zeigt uns eine fremde Welt.