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Samstag, 9. Juli 2022

Die Hennakünstlerin - Alka Joshi

Eine faszinierende Reise ins Indien der 50er Jahre
 
Im Harper Collins Verlag erscheint der Debütroman "Die Hennakünstlerin" von Alka Joshi
 
Lakshmi wird mit fünfzehn verheiratet, erlebt Gewalt in der Ehe und flieht nach Jaipur, wo sie sich als Hennamalerin ihren Unterhalt verdient. Ihre künstlerischen Ornamente sprechen sich schnell herum und so erreicht sie auch Kundinnen der oberen Kasten und Gesellschaftsschichten und wird sogar im Palast des Maharadschas von Jaipur eingeladen. Von ihren Einkünften baut sie sich ein eigenes Haus. Doch dann taucht plötzlich ihre kleine Schwester Radha auf, von der Lakshmi nichts wusste, weil sie nach ihrer Flucht geboren wurde. Jetzt steht Lakshmis erarbeitetes Freiheit und ihr mühevoll aufgebautes Leben der letzten 13 Jahre auf dem Spiel. Denn sie muss Radhas Erziehung übernehmen, die Aufträge der Hennakundinnen erfüllen und nun weiß auch noch ihr Mann, wo Lakshmi zu finden ist. Aber sie gibt nicht auf und kämpft weiter für ihre Ziele.
 


 

Dieser Roman hat es mir zu Anfang nicht leicht gemacht, denn es gab einige Lesehürden zu überwinden. Da sind einmal die ungewohnten indischen Namen zahlreicher Personen und ihre Beziehungen zueinander und außerdem die vielen eingebauten indischen Vokabeln, die ich im Anhang nachschlagen musste. So ein Hin- und Herblättern stört mich immer sehr im Lesefluß, doch nach den ersten 50 Seiten kannte ich die wichtigsten Personen und fand mich auch schnell in der ungewohnten indischen Kulisse mitsamt dem Kastensystem, der besonderen Küche und den gesellschaftlichen Geflogenheiten zurecht. 

Die Geschichte zog mich gebannt mit sich und ich tauchte ein in das exotische Flair des indischen Lebens und bewunderte diese willensstarke und mutige Frau. Gleichzeitig erfuhr ich von dem Mischen der Farben und der Bedeutung der Henna-Malerei, erlebte ihr diplomatisches Geschick und wie sie auch ihre Fähigkeiten des Heilkräuterwissens anwendet und durch dieses Wissen eine Art Geburtenkontrolle ausübte. Durch Lakshmi bekam ich Einblick in das Leben und Machtgefüge der oberen Kasten, wo Frauen nur zum Gebären eines Sohnes dienen und als schmückendes Beiwerk ihrer Ehemänner ihre kostbaren Saris tragen. Ich lernte etwas über die spezielle Art der Heiratsvermittlung und ich erlebte auch, wie niedere Kastenmitglieder in Not und Elend vom großen Kuchen nichts abbekamen und als Arbeitskräfte ausgenutzt wurden.

Lakshmi hat sich gegen ihre traditionelle Rolle als Ehefrau entschieden und flieht. Dank ihrer Hennamalerei hält sie sich ohne Ehemann über Wasser. Das ist ungewöhnlich und es hat mich beeindruckt, mit welch diplomatischem Geschick sie sich ihren Kundinnen anpasst und sie in gewisser Weise beeinflusst. Sie nimmt sich der Erziehung ihrer Schwester an, aber deren Probleme werden zu entscheidenden Hindernissen von Lakshmis bisher erreichtem Kundenstamm und Lebensstandard. Etwas übertrieben wirkt für mich die schnelle Entwicklung Radhas von einem gewöhnlichen Landmädchen zu einer aufgeschlossenen und an westlichen Ideen interessierten jungen Frau. Schliesslich ist sie erst dreizehn Jahre alt und kann von ihrer Herkunft und Ausbildung nicht so einen gewaltigen Entwicklungssprung machen. Auch den Persönlichkeitswandel von Laksmis Mann konnte ich nicht nachvollziehen. Doch ich habe diesen Romanfiguren das einfach mal augenzwinkernd abgenommen und die packende Geschichte gespannt verfolgt. Manche Dinge und Wendungen habe ich kommen sehen, ich konnte mich aber trotzdem am Verlauf der Handlung erfreuen und war berauscht von den schicksalshaften Fügungen.

Dieser Roman zeigt ein spannendes Drama vor dem Hintergrund des bunten Lebens der 50er Jahre in Indien. Er beschreibt das Kastenwesen, die gewürzreiche Küche und die unterwürfige Rolle der Frauen dieser Zeit, die teilweise heute noch gilt. Als wunderbar geschriebener Unterhaltungsroman gebe ich dem Buch 4,5 Sterne, die ich wohlwollend aufrunde.

***Herzlichen Dank an den Harper Collins Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***

 
 
 

Freitag, 13. Mai 2016

Der 50-Jährige, der den Hintern... - M. Bergstrand

Bollywood lässt grüßen


Mikael Bergstrand schrieb den Roman Der Fünfzigjährige, der den Hintern nicht hochbekam, bis ihm ein Tiger auf die Sprünge half. Das Buch erscheint im btb Verlag.


Göran Borg kehrt nach einem Jahr in Indien nach Malmö zurück und erlebt mit Anfang 50 gerade seine Midlife-Krise. In einer Therapie versucht er, seine Identitätskrise zu überwinden. Liebe, Arbeit, Familie, Freunde und Sport sind seine lebenswichtigen Punkte, an denen er arbeiten soll. In Sven findet er einen Freund, doch Göran flieht vor dessen homosexueller Neigung und will wieder nach Indien. Die Hochzeit seines besten Freundes Yogi mit der schönen Lakshmi steht bevor und das große Fest möchte sich Göran nicht entgehen lassen. Doch die Feier wird aus Gründen der Konstellation der Horoskope immer wieder verschoben. Göran reist dennoch an und findet die wahren Gründe heraus. Der Schwiegervater ist durch den fatalen Kauf einer abgewrackten Teeplantage finanziell runiniert. Göran und Yogi sind dem Betrüger auf der Spur, erleben so einige Abenteuer und Göran überwindet seine Krise. 


Göran Borg hat mit seiner Midlife-Krise zu kämpfen, doch sein Freund Yogi bringt ihn mit ganz anderen Problemen wieder auf die wesentlichen Punkte im Leben zurück. Plötzlich hat Görans Leben wieder einen Sinn und er erkennt die echten Ziele. Salopp gesagt: "Er kommt mit dem Hintern wieder hoch". Hierbei spielt der Tiger allerdings keine tragende Rolle.


Die Romanfiguren haben mir mit ihren amüsanten Eigenarten gut gefallen. Besonders Yogi hat sich mit seiner emotionalen Art zum eigentlichen Helden entwickelt. Er redet munter drauflos, verwendet lange, verschnörkelte Sätze und viele indische Lebensweisheiten, die zum Schmunzeln einladen. Manche Inhalte muss man erneut lesen, um sie in ihrer ganzen Bandbreite zu verstehen. Seine Bemerkungen lassen die unterschiedlichen Denkweisen zwischen Indern und Europäern erkennen. Einige Situationen würden Europäer ganz anders anpacken.

Dem Autor merkt man seine Liebe zu Indien deutlich an. Es gibt   Landschaftsbeschreibungen, Eindrücke der Großstadt Delhi und interessante Details zum indischen Teeanbau in Darjeeling. Land und Leute werden in liebevoller Weise vorgestellt, die speziellen indischen Gerichte geben der Story noch die letzte Würze. Auch die Tierwelt wird mit bengalischen Tigern authentisch in den Roman eingebaut.

Mikael Bergstrand spielt mit den Worten, er gleitet ab in indische Kultur und Lebensweisheiten und unterhält mit amüsanten Erlebnissen und lustigen Bemerkungen seiner Figuren. Man liest seinen Sprachstil gern und verfällt der lockeren Unterhaltung.

Göran beschreibt er als einen Mann, der Patina angesetzt hat, die keinesfalls unkleidsam war und bei dem das unbarmherige Zusammentreffen von alternder Haut und Schwerkraft eingesetzt hat. Solche Beschreibungen amüsieren und zeigen die Wortgewandheit des Autors einmal mehr.

Mir hat allerdings ein wenig mehr Tiefgründigkeit gefehlt und einige Abschnitte zogen sich in die Länge. 

  

Dieser Roman unterhält auf amüsante Weise, zeigt die Suche nach dem Sinn des Lebens auf und erhält Würze durch indische Lebensweisheiten und Way of Life.