Posts mit dem Label Verfilmung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Verfilmung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 22. Juli 2018

Marmelade im Herzen - Hilly Martinek

Eine herzergreifende Geschichte 


Hilly Martinek schreibt Drehbücher, so auch für den Kinofilm "Honig im Kopf" 2014. Ihr erster Roman "Marmelade im Herzen" ist sozusagen das literarische Remake dazu. Er erscheint 2018 im Penguin Verlag.

Tilda wohnt mit ihrer Familie in Hamburg und hat ein sorgenfreies Leben. Doch die Sorge um ihren Vater, der immer mehr Dinge vergisst, macht ihr zu schaffen. Sie bekommt regelrecht Angst, denn all das hat sie schon mit ihrem an Alzheimer erkrankten Großvater Amandus erlebt. Damals war sie 11 Jahre alt und schrieb über die Erlebnisse und Abenteuer mit ihrem Opa sogar Tagebuch.
Mit diesen schriftlichen Eintragungen beschäftigt sich Tilda und erinnert sich zurück an eine einzigartige Zeit und eine besondere Reise.


Hilly Martinek arbeitet in ihrem Roman auf berührende Art ein persönliche Lebenserfahrung ein, denn ihr eigener Vater erkrankte an Alzheimer.
Im Buch spielt Tilda zwei Rollen, einmal als Erwachsene, Mutter und Ehefrau und dann in ihren Erinnerungen und Tagebucheinträgen die 11-jährige Tilda, ein liebenswürdiges Mädchen, die sich rührend um ihren dementen Großvater kümmert und mit ihm noch einmal eine große Reise in die Vergangenheit unternimmt.

Die erwachsene Tilda bemerkt bei ihrem Vater immer mehr Anzeichen einer beginnenden Demenz. Das hat sie schon einmal erlebt, damals als 1-Jährige mit ihrem Opa. Doch so wie sie als Kind ihren Großvater einfach angenommen hat, gelingt ihr das mit ihrem Vater nur schwer. Wie soll sie damit umgehen? Auch das Zusammenleben mit ihrer Familie bedrückt Tilda. Ihren eigenen beruflichen Weg hat sie zugunsten ihrer Familie auf einen Job in der Kanzlei ihres Schwiegervaters beschränkt. Ihr Mann Philipp ist als Anwalt rund um die Uhr beschäftigt und so hängt die Kindererziehung von Käthe und Max weitgehend an ihr. Immerhin hat sie eine gute Freundin, Smylla, die ihr stets hilfreich zur Seite steht. Sie ist auch die treibende Kraft, die Tildas Leben einen neuen Impuls gibt. Gemeinsam unternehmen die Freundinnen noch einmal die Reise nach Venedig, die Tilda mit ihrem Opa erlebt hat. Mit der Reise reißen alte Wunden auf, es werden aber auch wunderschöne Erinnerungen geweckt an die rührende Beziehung zwischen Opa und Enkelin auf ihrer großen Fahrt in die Vergangenheit des Opas und seiner geliebten Frau.


Der Verlauf von Demenz und Alzheimer wird realistisch und dennoch mit einem Augenzwinkern erzählt, einige bewegende Szenen, in denen die Krankheit deutlich wird, gehen sehr unter die Haut. Als betroffener Angehöriger weiß man häufig nicht mit der Krankheit umzugehen, Kinder haben häufig die Gabe, ganz unbefangen darauf zu reagieren und die Person als solche anzunehmen.
Genauso erleben wir Tilda als Kind und dürfen mit ihr eine unglaubliche Erfahrung mitmachen. Die Reise in Opas Vergangenheit nach Venedig läuft zwar mit einigen Handicaps ab, doch sie führt letztendlich zum Ziel. Dabei kann man besonders die enge Beziehung zwischen Opa und Enkelin genießen. Ihre enge Verbundenheit ist spürbar dargestellt, die Geschichte ist traurig, komisch und zutiefst warmherzig erzählt.  



Wenn man den Film "Honig im Kopf" mit dem großartigen Dieter Hallervorden bereits gesehen hat, erkennt man einige humorvolle und berührende Sprüche wieder. Aber auch dieser Roman ist sehr gut geschrieben und mit den Rückblenden toll gemacht. Er hat auf den Leser ähnliche Wirkung wie der Film. 


Das Buch berührt, amüsiert, macht traurig und nachdenklich mit der Thematik Demenz. Es ist eine sehr lesenswerte und emotionale Geschichte.


***Herzlichen Dank an den Penguin Verlag und das Bloggerportal für die Überlassung dieses Rezensionsexemplars!***





Freitag, 16. Februar 2018

Nirgendwo in Afrika - Stefanie Zweig

Liebeserklärung an Afrika vor dem Hintergrund des 2. Weltkrieges

Kultureller Brückenschlag toll erzählt


Stefanie Zweig emigrierte mit ihren Eltern 1938 nach Kenia und schrieb darüber 1995 ihren Roman "Nirgendwo in Afrika". Das Buch erscheint im Heyne Verlag. Die Verfilmung durch Caroline Link bekam den Oscar im Jahr 2003 als bester ausländischer Film.
(Werbung)
Regina erlebt das Abenteuer der Emigration nach Kenia an der Seite ihrer Eltern, die 1938 Oberschlesien verlassen müssen. Als Juden werden sie Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Rasch erliegt Regina dem Zauber Afrikas und findet eine neue Heimat. 



Dieses Buch hat mich schon vor Jahren sehr fasziniert, denn das Leben der Familie Redlich im fernen Afrika wird darin eindringlich beschrieben. Den Eltern gelingt das Eingewöhnen sehr schwer, zu sehr hängen sie an ihrer Vergangenheit in ihrer alten Heimat und die Sorge um ihre jüdischen Freunde und Verwandte ist groß. Es wird schnell klar, wie schwer es dadurch in einer neuen Welt fällt, dort etwas neu aufzubauen und Wurzeln zu schlagen. Die dabei entstehenden Konflikte mit Traditionen, Erziehung und emotionalem Heimweh machen einen Neuanfang problematisch. Die ältere Generation flüchtet vor einer ungewissen Zukunft in eine Scheinwelt. Nur die Kinder können sich mit der neuen Situation unbelastet von Erinnerungen arrangieren und die neue Heimat annehmen.

Dabei findet Regina einen neuen Freund und innigen Vertrauten, den Hausboy Owour, der ihr Afrika, seine Menschen und die Natur näher bringt.
Das unterstreicht Stefanie Zweig mit ihren bildhaften, recht poetischen
Vergleichen. 
"Stimmen, so hoch wie der Ruf eines Vogels, der die ersten Regentropfen auf den Flügeln fühlt!" 
Solche Sätze zeigen die Naturverbundenheit der Schwarzen, zu der Regina dank Owour Zugang findet.


Gern hätte ich noch mehr über das Leben der Kenianer selbst gelesen, es wird jedoch mehr die eigene Vertriebenengeschichte aufgearbeitet.

Viele Hintergründe der Jahre 1938-1959 ergeben ein klares Bild sowohl aus jüdischer Sicht als auch aus Sicht der Menschen in der Nachkriegszeit. Wie die Familie Redlich ihren Weg geht, ist eine Möglichkeit und wie Regina diese Zeit erlebt, macht Hoffnung auf Neuanfänge und eine positive Vergangenheitsbewältigung.


Ein eindringliches Buch, das Brücken schlägt zwischen Völkern und Kulturen. Es zeigt wie gerade Kinder für neue Wege offen sind. Stefanie Zweig ist mit diesem Buch ein persönliches Ansinnen gelungen, diese Brücken aufzuzeigen. 

 Rezension aus dem Jahr 2016