Bleibt mir nicht lange in Erinnerung
Im Kiwi Verlag erscheint David Foenkinos Roman Das glückliche Leben.
Eric ist sehr erfolgreich in seinem Beruf, er übt eine Stelle im Staatsdienst aus, muss viel reisen und alles in seinem Leben ordnet sich diesem Job unter. Er reist mit Amélie zu einem extrem wichtigen Termin nach
Südkorea und ist ausgebrannt, sehr gestresst und überlastet. Zur Entspannung macht er einen Spaziergang und entdeckt einen Laden, in dem als Selbsthilfe-Ritual ein Schein-Begräbnis angeboten wird. Er nimmt daran teil und macht er sich Gedanken über die Endlichkeit und den Sinn des Lebens und verändert sein Leben.
Dieses Buch ist mein erstes von David Foenkinos, ich habe den angenehmen Erzählstil gern gelesen, fand seine Lebenshilfe interessant, aber auch etwas ausufernd und konnte mich nicht mit der Idee der Fake-Beerdigung anfreunden.
In Südkorea scheinen solche Selbsthilfe-Rituale üblich zu sein. Sie sollen den Menschen dazu bewegen, sich mit seiner eigenen Endlichkeit zu beschäftigen. Das mag eine Form von Therapie sein, die manche Menschen zum Nachdenken über den Sinn des Lebens anregt und zu einer Änderung der Lebensweise bzw. zu einem Neustart bewegt, wie in diesem Fall auch bei Éric. Sein Handeln habe ich interessiert verfolgt, auch wenn mir so ein Ritual nicht zusagt, weil ich kein esoterischer Mensch bin.
Éric erfährt während des Rituals absolute Stille und Dunkelheit, die ihm bewusst machen, was ihm in seinem Leben wichtig ist und was ihm fehlt. Er reist zurück nach Paris, kündigt seinen Job, kümmert sich um seinen Sohn und nimmt wieder Kontakt zur Ex-Frau auf. Die Idee der Fake-Beerdigung greift er auf und eröffnet selbst ein Therapiezentrum, in dem Menschen geholfen wird, um Ängste zu überwinden und selbstständig ihr Leben gestalten zu können.
Zu Anfang verpasst Éric in Südkorea einen beruflichen Termin mit Amélie. Im letzten Abschnitt gibt es einen Rückblick und wir erfahren, was sich in Amélies Leben ereignet hat. Diese Nebenhandlung nimmt reichlich Raum ein, ist aber auch lesenswert.
Foenkinos Erzählstil ist eingängig und er geht ausführlich auf die Befindlichkeiten und Vorgänge seiner Figuren ein. Seine Charakterdarstellung erfolgt mit feiner Zeichnung, er lässt Arbeitseifer, Karrieredenken und Lebenszweifel sichtbar werden und zeigt, wie sich Éric vom gestressten Workaholic zu jemandem verändert, der nach dem persönlichen Glück sucht. Auch Amélie wagt ein Ritual-Angebot bei Éric und kommt zu dem Punkt eines Neuanfangs. Das Ende habe ich genossen, denn es ist schön zu sehen, wie zwischen beiden Gefühle entstehen und sich eine Beziehung anbahnt.
In diesem Buch geht es um Verlust, eigene Identität und den Sinn des Lebens, das macht nachdenklich. Ob die eigene Beerdigung als sinnstiftende Neuausrichtung des Lebens hilfreich ist, wage ich zu bezweifeln.
Unser Leben haben wir selbst in der Hand, wir können Dinge ändern und dem Leben wieder eine neue Richtung geben. Ob man dafür eine Schein-Beerdigung braucht, ist jedem selbst überlassen.
Für mich ist dieser Roman keiner, der mir lange in Erinnerung bleiben wird.
***Herzlichen Dank an Kiepenheuer & Witsch für dieses Rezensionsexemplar!***