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Freitag, 5. September 2025

Das glückliche Leben - David Foenkinos

Bleibt mir nicht lange in Erinnerung 

Im Kiwi Verlag erscheint David Foenkinos Roman Das glückliche Leben.


Eric ist sehr erfolgreich in seinem Beruf, er übt eine Stelle im Staatsdienst aus, muss viel reisen und alles in seinem Leben ordnet sich diesem Job unter. Er reist mit Amélie zu einem extrem wichtigen Termin nach Südkorea und ist ausgebrannt, sehr gestresst und überlastet. Zur Entspannung macht er einen Spaziergang und entdeckt einen Laden, in dem als Selbsthilfe-Ritual ein Schein-Begräbnis angeboten wird. Er nimmt daran teil und macht er sich Gedanken über die Endlichkeit und den Sinn des Lebens und verändert sein Leben.



Dieses Buch ist mein erstes von David Foenkinos, ich habe den angenehmen Erzählstil gern gelesen, fand seine Lebenshilfe interessant, aber auch etwas ausufernd und konnte mich nicht mit der Idee der Fake-Beerdigung anfreunden. 

In Südkorea scheinen solche Selbsthilfe-Rituale üblich zu sein. Sie sollen den Menschen dazu bewegen, sich mit seiner eigenen Endlichkeit zu beschäftigen. Das mag eine Form von Therapie sein, die manche Menschen zum Nachdenken über den Sinn des Lebens anregt und zu einer Änderung der Lebensweise bzw. zu einem Neustart bewegt, wie in diesem Fall auch bei Éric. Sein Handeln habe ich interessiert verfolgt, auch wenn mir so ein Ritual nicht zusagt, weil ich kein esoterischer Mensch bin. 

Éric erfährt während des Rituals absolute Stille und Dunkelheit, die ihm bewusst machen, was ihm in seinem Leben wichtig ist und was ihm fehlt. Er reist zurück nach Paris, kündigt seinen Job, kümmert sich um seinen Sohn und nimmt wieder Kontakt zur Ex-Frau auf. Die Idee der Fake-Beerdigung greift er auf und eröffnet selbst ein Therapiezentrum, in dem Menschen geholfen wird, um Ängste zu überwinden und selbstständig ihr Leben gestalten zu können. 

Zu Anfang verpasst Éric in Südkorea einen beruflichen Termin mit Amélie. Im letzten Abschnitt gibt es einen Rückblick und wir erfahren, was sich in Amélies Leben ereignet hat. Diese Nebenhandlung nimmt reichlich Raum ein, ist aber auch lesenswert. 

Foenkinos Erzählstil ist eingängig und er geht ausführlich auf die Befindlichkeiten und Vorgänge seiner Figuren ein. Seine Charakterdarstellung erfolgt mit feiner Zeichnung, er lässt Arbeitseifer, Karrieredenken und Lebenszweifel sichtbar werden und zeigt, wie sich Éric vom gestressten Workaholic zu jemandem verändert, der nach dem persönlichen Glück sucht. Auch Amélie wagt ein Ritual-Angebot bei Éric und kommt zu dem Punkt eines Neuanfangs. Das Ende habe ich genossen, denn es ist schön zu sehen, wie zwischen beiden Gefühle entstehen und sich eine Beziehung anbahnt.

In diesem Buch geht es um Verlust, eigene Identität und den Sinn des Lebens, das macht nachdenklich.  Ob die eigene Beerdigung als sinnstiftende Neuausrichtung des Lebens hilfreich ist, wage ich zu bezweifeln.       

Unser Leben haben wir selbst in der Hand, wir können Dinge ändern und dem Leben wieder eine neue Richtung geben. Ob man dafür eine Schein-Beerdigung braucht, ist jedem selbst überlassen. 

Für mich ist dieser Roman keiner, der mir lange in Erinnerung bleiben wird. 

 

***Herzlichen Dank an Kiepenheuer & Witsch für dieses Rezensionsexemplar!***

 


 

Mittwoch, 3. September 2025

Aufsteiger - Peter Huth

Packender Gesellschaftsroman mit einem überraschenden Ende 

 
Peter Huths neuer Roman "Aufsteiger" erscheint im Droemer Verlag.  

Felix Licht glaubt sich am Ziel seiner Karriere angekommen, der Berufung zum Chefredakteur. Doch die Entscheidung fällt zugunsten der "woken" Feministin Zoe Rauch, die Licht vor Jahren protigiert hat. Nun bekommt das Magazin eine Ausrichtung in der Themen aufgegriffen werden, die bisherige Käufer nicht lesen wollen. Sie entscheiden sich gegen einseitige Stimmungsmache und kündigen zuhauf ihr Abonnement. Doch die Entscheidung ist gefallen, Felix Licht muss gehen, Zoe Rauch kann schalten und walten, wie es ihr beliebt. Lichts Leben zerbricht, seine Frau wendet sich ab, er ist gekränkt, sein Karriereziel ist verpasst und sein Traum ist erloschen und außerdem steht die Existenz seiner Familie auf der Kippe.

 


 

Peter Huth war selber Chefredakteur einer großen Zeitung und kennt die Branche zur Genüge. In "Aufsteiger" beschreibt er auf kluge Weise und in flüssigem Erzählstil, wie vorgefertigte Stimmungsmache funktioniert und wie sehr persönlicher Ehrgeiz und Karrieredenken Menschen zu ihrem Tun bewegen. Man hat das Gefühl, dass hier demokratische Ansätze zugunsten persönlicher Ideologien unter den Tisch gekehrt werden. Und was in einem Verlag funktioniert, lässt sich auch auf unsere politische Ebene übertragen.   

Sehr interessant ist die die Tatsache, dass hier ein weißer Mann gegen Diskriminierung klagt und damit den Spieß einfach umdreht, wo sonst eher unterdrückte Frauen, transexuelle Minderheiten und Rassendiskriminierte, die ihr Recht gegen Unterdrückung oder Chancenlosigkeit einklagen.  

Bei dieser Geschichte habe ich den Eindruck, dass Huth uns zum Nachdenken anregen möchte. Es könnte aber auch sein, dass er die aktuellen Strömungen in Politik und Gesellschaft anprangern und sichtbar machen will. Die Botschaft hinter dem Buch ist nicht eindeutig und so kann sich jeder seine eigenen Gedanken dazu machen. Ich habe die Geschichte gespannt und interessiert gelesen und empfehle es gerne weiter.

Dieses Buch regt dazu an, die unterschiedlichen Strömungen in unserer Gesellschaft und vorgefertigte Stimmungsbilder zu überdenken. 

  

***Herzlichen Dank an Droemer Knaur und an Vorablesen für dieses Buch, das ich für meine Prämienpunkte auf Vorablesen eingetauscht habe!***


  • Huth, Peter - Der Honigmann 
  • Huth, Peter - Aufsteiger  

  • Dienstag, 2. September 2025

    Nachteule - Ingrid Noll

    Wieder ein Highlight von Ingrid Noll!

    Der neue Roman der Erfolgsautorin Ingrid Noll heißt Nachteule und erscheint im Diogenes Verlag.

    Die 15-jährige Luisa wächst in einem behüteten Elternhaus auf, wurde als Baby adoptiert und hat peruanische Wurzeln. Dank ihrer Gabe, im Dunkeln sehen zu können, beobachtet sie die nachtaktiven Tiere und entdeckt dabei den jungen Obdachlosen Tim, den sie versorgt und ihn im Haus versteckt. Der junge Mann nutzt die Chance, denn er hat guten Grund, unsichtbar zu bleiben. Luisa entwickelt Gefühle für Tim, verstrickt sich immer mehr in ihre Lügen und bemerkt um sich herum einige Verbrechen, die sie nicht richtig einordnen kann.  

     


     

    "Alles lief bisher in geordneten Bahnen. Aber jetzt brodelte es plötzlich im Untergrund, obwohl wir nicht in der Vulkaneifel lebten. Irgendwann würden wir mit Lava übergossen und vernichtet werden." Zitat Seite 90 

    Ingrid Noll schlüpft in Nachteule in die Rolle eines Teenagers und erzählt eine turbulente Handlung, die aus einer speziellen Mischung von Coming-of-age, Krimi und Beziehungsdrama besteht. Dabei hat mir besonders gut gefallen, dass sie, wie man es von ihren älteren Romanen gewohnt ist, in Nachteule ihre feine menschliche Beobachtungsgabe ausspielt. Sie verleiht ihren Charakteren eine emotionale und fühlbare Tiefe und macht die verschiedenen Ängste, Sorgen und Glücksgefühle mit spielerischer Leichtigkeit sichtbar. Ihr klarer und atmosphärischer Erzählstil führt direkt ins Geschehen und lässt uns in einen Strudel von Lügen und menschliche Verwicklungen eintauchen, der sich immer fesselnder entwickelt je länger man liest.   

    Luisa ist ein Einzelkind aus bürgerlichem Hause, etwas altklug, sie hat keine Freunde und gilt in ihrer Klasse als Streberin. Sie ist eine Einzelgängerin und trifft auf den Obdachlosen Tim, den sie mit Essen versorgt. Aus Führsorge oder vielleicht möchte sie einfach mal etwas anderes erleben als den üblichen Alltag mit Schule und biederem Elternhaus. Durch ihre Versorgerrolle gerät sie in einen Teufelskreis, Nettigkeiten von Tim misst sie viel Bedeutung zu und während sie ihre Handlungen verbergen muss, entwickelt sich bei ihren Eltern eine Beziehungskrise. Luisa gibt Tims Forderungen immer weiter nach, wird zur Komplizin und bringt sich selbst in Schwierigkeiten. 

    Die heile Welt der Familie bekommt Risse, einige Nebenhandlungen und ein Todesfall sorgen für Spannung und schliesslich tritt ein weiterer Bekannter in Luisas Leben. Ich war neugierig, wie sie diesen Spagat aus Lügen, Hilfestellung und kindlicher Naivität bewältigen kann. 


    "Nachteule" beginnt etwas verhalten, man muss sich erst in die Gedanken- und Lebenswelt von Luisa hineinfühlen, danach entwickelt die Geschichte eine Sogwirkung der perfekten Unterhaltung, deren Ausgang ich mit Spannung erwartet habe. Ich kann dieses Buch guten Gewissens als Page Turner bezeichnen und möchte mich bei Ingrid Noll für ihren schriftstellerischen Einsatz bedanken, den sie auch in hohem Alter noch meisterhaft absolviert. 
     

    Nachteule ist ein weiteres Meisterwerk von Autorin Ingrid Noll, das an frühere Erfolge anknüpft! Vielen herzlichen Dank für diesen Roman!

    ***Herzlichen Dank an den Diogenes Verlag für dieses Rezensionsexemplar!*** 


     
  • Noll, Ingrid - Die Häupter meiner Lieben  
  • Noll, Ingrid - Der Hahn ist tot
  • Noll, Ingrid - Kalt ist der Abendhauch  
  • Noll, Ingrid - Ladylike
  • Noll, Ingrid - Selige Witwen
  • Noll, Ingrid - Gruß aus der Küche
  • Noll, Ingrid - Über Bord  
  • Noll, Ingrid - Nachteule
  • Freitag, 29. August 2025

    Spät am Tag - Kristin Vego

    Eine Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen 

    Im Insel Verlag erscheint Kristin Vegos Debütroman Spät am Tag

    Die Schriftstellerin Johanne ist Anfang dreißig, als sie sich nach einer gescheiterten Ehe auf der Suche nach Ruhe und einem Neuanfang auf dem Land ein Zimmer mietet. Sie wohnt bei dem Tischler Mikael, der dort mit seiner Frau Sofia und Tochter Maren lebt und ahnt noch nicht, dass dieser Ortswechsel ihr Leben maßgeblich verändern wird. 


     

    Kristin Vego lässt uns in die Gefühlswelt von Johanne blicken, sie beschreibt den Umzug aufs Land, den Umgang mit den Mitbewohnern und die aufkommenden Gefühle zu Mikael und das beglückende Gefühl, mitten in der Natur zu leben. Siebzehn Jahre später ist Mikael gestorben und wir erfahren in Rückblicken, wie sich Johannes Leben entwickelt hat, was sie auf melancholische Weise in Worte fasst. Inzwischen lebt sie allein in dem Haus, was in den dazwischen liegenden Jahren passiert ist, wird in Schnipseln der Erinnerung beschrieben. Das Wichtigste ist die Liebe, von der sie in der Erinnerung zehrt und die Johanne an diesen Ort fesselt.  

    Dieses Buch liest sich durch den traurigen Unterton recht melancholisch. Die Handlung beschreibt Johannes Leben und ihre Beziehung mit Mikael, den Lebensalltag mit seiner Tochter Maren, die Johanne ans Herz wächst und mit der Ex-Frau Sofia, die keine umgängliche Person ist. Wie verhält man sich in so einer Personenkonstellation?

    Die Tage vergehen, das Leben zieht vorüber und Johanne erzählt nur bestimmte Erinnerungen, die ihr in den Sinn kommen. Nebenher wird die Landschaft in den schönsten Bildern beschrieben, die man einfach nur genießen kann. Auch das Zeitempfinden und der Ablauf von Tag und Nacht werden thematisiert. Hinter diesen Schilderungen fällt die persönliche Vergänglichkeit ins Gewicht und man wird gewahr, welche geringe Bedeutung jeder einzelne Mensch im Ablauf der Zeiten ausmacht. 

    Der flüssige Schreibstil hat mit gefallen, doch die bruchstückhaft anmutenden Erinnerungen und Erlebnisse aus Höhen und Tiefen einer Beziehung habe ich nicht als Zeichen einer großen Liebe verstanden. Für mich wirkte die Geschichte nicht wie aus einem Guß, sondern eine Aneinanderreihung von Fragmenten verschiedener Erlebnisse. Dafür habe ich es genossen, wie wunderbar Kristin Vego die jeweilige Stimmung der Jahreszeiten eingefangen hat. 

    Wenn eine Liebe auch nach dem Tod fortbesteht, ist die Erinnerung daran immer noch präsent. 

    Dieses Buch beschreibt Erinnerungen an das Leben und die Liebe, versetzt mit schönen Landschaftsbildern und jahreszeitlichen Stimmungen.  

     ***Vielen Dank an den Insel Verlag und Vorablesen, wo ich mir das Buch für meine Prämienpunkte eingetauscht habe!*** 

      


    Sonntag, 17. August 2025

    Amrum - Hark Bohm

    Krieg aus Kindersicht
     
    Im Ullstein Verlag erscheint der Roman AMRUM von Hark Bohm
     
    Amrum 1945: Nanning erlebt die letzten Kriegsmonate auf seiner Heimatinsel, wo er mit seiner schwangeren Mutter und den beiden kleineren Geschwistern lebt. Seine Eltern sind Nazianhänger, für Nanning spielt das keine große Rolle. Obwohl er selbst noch ein Kind ist, übernimmt er die Rolle des Versorgers der Familie und arbeitet gemeinsam mit seinem Freund Hermann auf einem Bauernhof und erhält dafür Hühnerfutter und Lebensmittel. Das Kriegsende und plötzliche Auftauchen seines Vater bringen Nannings Leben durcheinander und es bahnt sich eine Chance für ein Leben jenseits von Amrum an.  
     

     
     
    Dieser Roman beschreibt aus Kindersicht das Leben auf Amrum, wo der Krieg nicht ganz so präsent ist wie in anderen großen Städten, aber immer Knappheit an Lebensmitteln herrscht. Nanning führt ein arbeitssames Leben, wir begleiten ihn und Freund Hermann während sie Schollen treten, Kaninchen fangen und Eier von Wattvögeln suchen. Nanning ist für sein Alter sehr pfiffig, er überwindet seine Angst, wenn es brenzlig wird und führt Tauschgeschäfte, um für das Wohlergehen seiner Mutter zu sorgen. Die Eltern sind beide Nazis, nur Tante Ena, die ihrer Schwester in den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft helfend zur Seite steht, sieht das völlig anders. Deshalb geraten sie auch häufig in Streit. Nanning fühlt sich als Amrumer, doch er wurde wie sein Vater in Hamburg geboren. Einige Jungen lassen ihn fühlen, das er keine von ihnen ist. Aber Nanning lässt sich nicht verunsichern, er kommt in abenteuerliche Situationen, die er mit etwas Glück meistert. Diese Romanfigur lässt niemanden kalt, Nanning ist ein kleiner Held mit großem Herz.  
      
    Ich habe diesen Roman verschlungen, weil mich Nannings Schicksal interessiert hat und ich wissen wollte, welche Zukunft sich ihm bieten würde. Besonders beeindruckt haben mich die wunderschönen bildhaften Beobachtungen der Natur, des Meeres, des Watts und der Vogelwelt, mit denen Hark Bohm uns Amrum mit viel Liebe zum Detail zu Füßen legt, als sei man direkt vor Ort. Man spürt sofort wie tief verbunden er mit Amrum ist.  
    Der Erzählton ist ruhig und lässt auf eindrucksvolle Weise die Gegensätze zwischen der Natur und den Schrecken des Krieges, bzw. ihrer Folgen sichtbar werden. Die Insulaner haben auf ihrer kargen Insel wenig Möglichkeiten und leiden Hunger. In dieser Zeit muss Nanning schnell erwachsen werden und erkennt die Möglichkeiten, die sich ihm bieten.  
     
    Dieser lesenswerte Roman ist eine Liebeserklärung an Amrum, aber auch eine an die Freundschaft und an die Natur! Aber auf alle Fälle auch eine Mahnung gegen den Krieg und gegen Nationalsozialismus. 
     
     

    ***Herzlichen Dank an den Ullstein Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***

     



    Samstag, 16. August 2025

    Wut und Liebe - Martin Suter

    Liebe, Betrug und Mordabsicht! 

     
    Im Diogenes Verlag erscheint Martin Suters Buch "Wut und Liebe".   
     
    Camilla und Noah sind ein Paar. Noah ist Anfang dreißig und freischaffender, aber erfolgloser Künstler, seinen Lebensunterhalt finanziert Camilla, die als Buchhalterin arbeitet. Doch damit ist jetzt Schluss, denn so hat sie sich ihr Leben nicht vorgestellt. Obwohl sie Noah liebt, träumt sie von einem sorgenfreien Leben und verlässt ihn, um sich einen reichen Mann zu angeln. Noah will es einfach nicht wahrhaben, er möchte Camilla nicht verlieren und sucht nach Möglichkeiten. Aus lauter Frust geht er in eine Bar und lernt die ältere Witwe Betty kennen. Auch sie hat Kummer, aber auch Rachepläne gegen den Geschäftspartner ihres verstorbenen Mannes und macht Noah ein unseriöses Angebot. Ist das die Chance für Noah, um Camilla zurückzugewinnen?  
     

     
     
    Dies ist mein erstes Buch von Martin Suter, das ich durch den direkten Erzählstil gerne gelesen habe. Ich kam schnell in die fesselnde Geschichte hinein, zahlreiche Wendungen haben für Spannung gesorgt und es werden einige Klischees bedient, die für Unterhaltung sorgen. In diesem Fall findet ein armer Künstler eine reiche, ältere Dame bzw. eine junge Frau den älteren, reichen Mann. 
     
    Doch vor allem hat mich die Art, wie dieses Buch konstruiert ist, von Grund auf begeistert und ich habe es gefesselt gelesen. Denn (Achtung Spoiler!) ganz so harmlos wie Betty auf den ersten Blick hin scheint, ist sie gar nicht. 
     
    Die Figuren wirkten auf mich recht unnahbar und wurden mir bis auf Nebenfiguren nicht sympathisch. Sie blieben mir fremd, weil ich ihr Verhalten ihrer Rolle entsprechend konstruiert empfinde. Noah will für Betty ein Verbrechen ausüben, in dem sie ihre Rachegelüste ausleben will. Mit dem verdienten Geld plant er Camilla zu halten, ohne über Konsequenzen seiner Tat nachzudenken. Ich habe mich über seine Versuche, sich die Lage vor Ort anzusehen und dann immer wieder Hindernisse zu entdecken, richtig amüsiert. Und die Sache entwickelt sich dann auch noch ganz anders als gedacht. 
     
    Als Camillas Wunsch von einem sorgenfreien Leben an der Seite eines reichen Partners klappt und sie eine finanzielle Geschäftsbeteiligung rausschlagen kann, nimmt sie das ohne sich abzusichern ziemlich ahnungslos hin. Danach kommt sie immer wieder auf Noah zurück und versucht Licht ins Dunkel bestimmter Geschäfte zu bringen. Denn hier läuft einiges nicht mit rechten Dingen ab und es ist fraglich, wer lügt, wer betrügt und mit falschen Karten spielt. Diese falschen Rollen waren für mich der Clou der Geschichte und haben mich am meisten fasziniert. 
     
    Die Geschichte lässt sich flüssig und dank Suters direktem Erzählstil auch sehr leicht lesen. Das Geschehen spielt zum Teil in der Kunstszene und es gibt immer mal Häppchen und Champagner, was die Szenerie authentisch wirken lässt.  

    "Wut und Liebe" ist für mich eine gelungene Mischung aus Gesellschaftsroman und Krimi, in dem Suter mit unerwarteten Wendungen zu überraschen weiß. Die Klischees fand ich etwas überzogen, aber manchmal braucht es solche Voraussetzungen für einen Storyplot!   

     

    ***Herzlichen Dank an Susanne Bühler vom Diogenes Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***  

     

     

    Dienstag, 12. August 2025

    Aylas Lachen - Lenz Koppelstätter

    Eine bewegende Familiengeschichte zwischen zwei Kulturen 

    Der Roman "Aylas Lachen" von Lenz Koppelstätter erscheint bei Rowohlt Polaris.  

    Viele unbeschwerte heiße Sommer verbrachte Ayla in ihrer Kindheit bei Großvater Mesut in seiner Heimat Anatolien, wo er ihr unter dem Feigenbaum im Garten seine abenteuerlichen Geschichten erzählte. Ihre Mutter Hava verließ Anatolien in jungen Jahren und zog nach Deutschland, doch sie wurde dort nicht glücklich, auch nicht in ihrer Ehe. Sie wollte einen anderen Mann heiraten, aber ihr Vater ließ das nicht zu, das hat sie ihm nie verziehen. 
    Viele Jahre später, Hava ist inzwischen geschieden, fahren Ayla und ihr Bruder Yasin mit ihrer Mutter in das kleine Dorf in den Bergen Anatoliens, denn Hava möchte endlich ihre große Liebe wiedersehen. Es ist eine Reise in die Vergangenheit, als Mesut von der weiten Welt träumte und Hava von ihrer persönlichen Freiheit. 
     

     
     
    Koppelstätter beschreibt eine türkisch-deutsche Familiengeschichte, die von Heimat, Tradition, Familie, Zusammenhalt und unerfüllter Liebe erzählt. Für Ayla ist Anatolien ein Ort der Freude, denn dort erlebt sie schöne Sommertage und die wundersamen Geschichten von Großvater Mesut lassen sie in eine ungewöhnliche Welt eintauchen, die sie aus Deutschland nicht kennt. Ihre Eltern leben in einer lieblosen Beziehung, was Ayla nicht verstehen kann. Viele Jahre später gesteht ihr Hava, dass sie ihre große Liebe  nicht heiraten durfte und deshalb nach Deutschland zog. Und auch Mesut hatte Träume, die im wahren Leben keinen Platz haben. 
     
    In dieser Geschichte erfahren wir von den Traditionen und türkischen Lebensbildern, die Mesuts Alltag seit jeher bestimmen und die er aus Gewohnheit und Zwängen der Tradition nicht überwinden kann. Unter diesen Zwängen leidet auch Hava, sie wünscht sich ein selbstbestimmtes Leben und hofft, es in Deutschland leben zu können. Sie wird in ihrer Ehe nicht glücklich. Ihre Tochter Ayla erkennt die Probleme ihrer Eltern zuerst nicht, kann sich aber mit den Umständen arrangieren und findet in Deutschland nicht nur Heimat, sondern auch ihren persönlichen Weg. Sie erfährt von ihrer Mutter, dass Frauen und Mädchen nicht in der Öffentlichkeit lachen und auffallen sollen. Das kann sie nicht verstehen und möchte es auch nicht so ausleben. 
     
    Der Roman zeigt die Probleme von Menschen auf, die ihre Heimat verlassen und sich in Deutschland zurecht finden müssen. Die unterschiedlichen Erlebnisse zeigen den Alltag, es gibt gute und schlechte Erfahrungen, die das Ankommen oder die Ausgegrenztheit in der Fremde beschreiben. Ayla kann sich schnell anpassen, sie findet Freunde und ihren eigenen Weg, studiert und erfährt erst jetzt, was ihre Mutter für Träume hatte als sie noch jung war. Lenz Koppelstätter erzählt sehr leichtfüßig und mit bildhaften Beschreibungen, durch die man sich die einzelnen Schauplätze und Begebenheiten gut vorstellen kann. Ich konnte mich gut in die einzelnen Figuren hinein denken und habe ihre unterschiedlichen Lebenswege bewegt miterlebt. Man erkennt die Unterschiede der Kulturkreise und hat drei Generationen im Blick, die auf unterschiedliche Weise ihr Leben gestalten. 
     
    Eine interessante, bewegende Geschichte, die den Blick in zwei Kulturen öffnet und den Wunsch nach Freiheit und eigener Selbstbestimmung verdeutlicht. 
     
    ***Herzlichen Dank an den Rowohlt Verlag für dieses Rezensionsexemplar!*** 
     
     

    Sonntag, 3. August 2025

    Wo die Moltebeeren leuchten - Ulrika Lagerlöf

    Ein sehr atmosphärischer und berührender Roman

       
    Im Gutkind Verlag erscheint der Auftaktband Wo die Moltebeeren leuchten aus der Norrland Saga von Ulrika Lagerlöf. 
     
    1938, Nordschweden: Um die finanzielle Situation ihrer Familie aufzubessern, wird die siebzehnjährige Siv Engström als Köchin in ein Holzfällerlager im Wald vermittelt. Für mehrere Monate wird sie nun inmitten der Natur mit zehn Männern in einer einfachen Hütte leben. Die Arbeit ist hart, doch Siv findet sich schnell in ihre neue Rolle ein und fühlt in der Natur ihre eigene Freiheit. Dort trifft sie auf Nila, einen jungen Sámi und entdeckt ihre großen Gefühle. 

    2022 Djupsele: Eva Wallman wird als PR-Beraterin und studierte Forstwirtin nach Djupsele geschickt, wo sie einige Jahre ihrer Kindheit verbrachte. Sie soll die Gegner der Abholzung beruhigen, hinterfragt aber ihren Auftrag und versteht auch die Gegner, die die Wälder schützen wollen. Schnell wird sie von ihren Erinnerungen eingeholt, die Natur nimmt sie gefangen und das Wiedersehen mit ihrer Jugendliebe Mattias lässt vergangene Gefühle hochkommen. Kann Eva ihre Arbeit im Sinne ihres Auftraggebers erfüllen?   
     

     
     
    Dieser wunderbar erzählte Roman hat mich mit den Natur-Beschreibungen, den unterschiedlichen Schicksalen und dem Problem der Abholzung der Wälder in den Gebieten der Waldsámi gepackt und komplett mitgerissen. 
    Die Autorin füllt die Geschichte mit landschaftlicher Schönheit und mit emotionaler Tiefe und erzählt in zwei Zeitebenen. Sie spielt mit der Beziehung der beiden Protagonistinnen Eva und Siv, die beide ihren persönlichen Lebensweg suchen und familiär verbunden sind. Ich konnte mich wunderbar in Sivs Lage hineinversetzen, die ihren Traum Lehrerin zu werden aufgeben musste. Es war ein intensives Erlebnis, sie bei ihren Aufgaben und beim Verweilen in der Natur zu begleiten und die berührenden Momente mitzuerleben als ihre Gefühle für Nila erwachen. Aber auch Evas berufliche Aufgabe und ihre Zweifel konnten mich fesseln. Beide Figuren kamen mir ganz nah und dabei habe ich einiges über die Forstwirtschaft erfahren. 
     
    Das Leben in den dichten, nordschwedischen Wäldern mit Mooren und Seen und den orangefarbenen Moltebeeren war urwüchsig und in den 30er Jahre beschwerlich. Es gab keinen Strom, die Winter waren eisig und hart und für die junge Siv muss es ungewohnt gewesen sein, allein in der Wildnis mit zehn Männern zu leben. Als sie die Liebe entdeckt, wird sie vor weitere Probleme gestellt, den Ehen zwischen Sámi und Schweden sind verpönt.

    Die Waldsámi ziehen schon seit Generationen mit ihren Rentierherden durch die Wälder und regulieren damit die Waldvegetation. Die Tiere fressen Pflanzen rund um die Bäume und halten damit die Vegetation niedrig, die Bäume können ungehindert wachsen. Doch die Sámi wurden verdrängt, denn die Abholzung nahm ihren Tieren die Weidefläche, die sie benötigen. 

    Die schwedischen Holzunternehmen haben jedoch andere Interessen, die Abholzung verspricht Gewinn und das Land gehört dem Staat bzw. privaten Grundbesitzern. Mit diesen Argumenten soll Eva die Aktivisten zum Rückzug bewegen. Doch ihre eigenen Wurzeln werden ihr in der Natur wieder bewusst und so kommen ihr Zweifel an ihrer Aufgabe.   

    Beide Zeitebenen habe ich gerne begleitet und es war schön zu sehen, wie sich beide Geschichten immer mehr miteinander verknüpfen und ein großes Ganzes ergeben. 
     
    Ein ganz großartiges Buch, das mich intensiv miterleben ließ, was Tradition und vermeintlicher Fortschritt ausmachen. 
    Zum Glück gibt es eine Fortsetzung - "Wo das Feuerkraut blüht".
     
    Ein atmosphärischer und berührender Roman über Herkunft und speziell über das Leben der Sámi!
     
     ***Herzlichen Dank an den Gutkind Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***
     

      

    Samstag, 2. August 2025

    In uns der Ozean - Theresia Graw

    Mitreißender Roman über die Warnung vor dem stummen Frühling 

    Im List Verlag erscheint Theresia Graws Roman In uns der Ozean.

    Die Biologin Rachel Carson ist fasziniert von Wissenschaft und Forschung, muss aber 1929 aus finanziellen Gründen ihre Promotion abbrechen, nachdem ihre Familie alles verloren hat. Sie nimmt einen Job fürs Radio an und schreibt Geschichten über Tiere und Pflanzen, die bei den Zuhörern sehr beliebt sind. Sie beobachtet die Natur und liebt Vögel, am Vogelsterben erkennt sie einen kausalen Zusammenhang mit DDT, das damals als Wundermittel zur Insektenbekämpfung bedenkenlos über Felder, Wälder und Siedlungen versprüht wurde. Entrüstet nimmt sie den Kampf gegen die Chemielobby auf und schreibt ihr Buch "Der stumme Frühling". Darin macht sie auf die drohende Gefahr der Chemikalie DDT aufmerksam und stellt sich mutig gegen öffentliche Anfeindungen. 

     


     

    In ihrem literarischen Porträt verarbeitet Theresia Graw das Wirken der Umweltpionierin Rachel Carson im Kampf gegen die Anwendung von DDT und bringt uns ihr Leben auf anschauliche und mitreißende Weise näher.  
     
    Die Biologin Rachel Carson war mit bisher unbekannt, doch beim Lesen des Romans habe ich mit ihr mitgefiebert und bin stolz auf ihr Engagement für die Umwelt. Nachdem Rachel bei ihren biologischen Beobachtungen einen Zusammenhang zwischen Vogelsterben und Pestizidausbringung vermutete, forschte sie weiter und engagierte sich im Kampf gegen DDT und setzte sich mutig für die Umwelt ein. Ihr Buchprojekt war ihr ein persönliches Anliegen und bewirkte das Verbot von DDT.  
     
    Mit dem spannenden Umweltthema liest sich der Roman sehr fesselnd und ich habe Rachel für ihre Beharrlichkeit und ihre aufopfernde Arbeit im Kampf gegen die Chemilobby bewundert. Als unverheiratete Frau wurde ihr wenig Achtung entgegengebracht und ihre Erkenntnisse häufig mit Gegenargumenten entkräftet. Theresia Graw ist es gelungen, einen packenden Roman aufgrund von wahren Begebenheiten zu schreiben, der mit Naturbeschreibungen und dem Leben dieser wissenschaftlich versierten, interessanten Frau zu unterhalten weiß. Dabei wird auch ein feministische Ansatz sichtbar, denn Frauen mussten sich lange gegen Diskriminierung wehren und für ihre Träume kämpfen. Gerade in der Forschung war es für Frauen schwer, sich durchzusetzen und anerkannt zu werden. 
    Rachel bekam Halt und Unterstützung von ihrer Freundin Dorothy, beide führen eine Liebesbeziehung, die zu damaliger Zeit verboten war.  
    Was mir besonders gut an diesem großartigen Buch gefallen hat, sind die in die Romanhandlung eingestreuten Sachthemen, die für Tiefgang sorgen und das Umweltbewusstsein ansprechen.  

    Ein mitreißender Roman über eine interessante Frau und Ökologin im Kampf für die Natur. Rachel Carson hat uns allen einen großen Dienst erwiesen und Theresia Graw sei Dank für diesen tollen Roman! 

     

    ***Herzlichen Dank an den Ullstein Verlag für dieses Rezensionsexemplar!*** 

     


     

    Donnerstag, 24. Juli 2025

    Tage wie Salzwasser - Sita Maria Frey

    Ein herzerwärmender Roadtrip der besonderen Art

     
    Im Droemer Verlag erscheint das Debüt Tage wie Salzwasser von Sita Maria Frey.  
     
    Atlanta ist Mathematikerin und erklärt sich viele Dinge im Leben mit Zahlen. Als sie unerwartet schwanger wird, stürzt sie das in eine Unsicherheit. Ihr Freund Malte ist ihre Stütze, doch plötzlich steht Atlanta alleine da und klammert sich an Maltes Notizbuch mit Adressen. Durch einen Fahrradunfall lernt Atlanta Enza kennen, ihr gehört ein Fahrradladen und ist völlig zerstört, als ihr ihre Mutter Hilde von ihrer schweren Erkrankung erzählt. Enza will für Hilde da sein und sie umsorgen, doch Hilde schickt sie nach Sizilien, wo die Verwandten ihres verstorbenen Vaters leben. Mit dem Motorrad machen sich Atlanta und Enza gemeinsam auf nach Sizilien.  
     
     
     
    Der Roman startet mit einer ziemlich turbulenten Geburt und blickt dann fünf Monate zurück und erzählt, was damals geschehen ist. Zwei ungleiche Frauen treffen sich durch einen Unfall und unternehmen einen sehr besonderen Roadtrip durch Europa, wobei sie sich gegenseitig Halt geben und daraus eine enge Bekanntschaft entsteht.  
    Die Geschichte wird aus der Sicht von Atlantan und Enza erzählt, und so reist man an ihrer Seite quer durch Europa, taucht dabei in ihre Gedankenwelt ein, freut sich mit ihnen über ihre Reisebekanntschaften und Erlebnisse und erfährt von ihren Gefühlen, die Achterbahn tanzen und zwischen Freude und Leid hin und her springen. Die Route der beiden Einzelgängerinnen führt über Freiburg, Marseille, Barcelona bis hinunter nach Sizilien. Die ganze Strecke mit dem Motorrad, die schwangere Atlanta, die klären möchte, was ihren toten Freund zu seiner Entscheidung geführt hat und Enza, die am liebsten in ihrer Heimat geblieben wäre, die aber auf Wunsch ihrer totkranken Mutter ihre Verwandtschaft in Italien kennen lernen soll.  
     
    Beide Frauen sind von ihren Gefühlen überfordert, die Trauer zerfrisst die Hoffnung, aber die Gemeinschaft und ihr Ziel lässt sie trotz aller entmutigenden Hindernisse durchhalten. Es gibt einige abenteuerliche Ereignisse, aber auch sehr schöne, menschliche Gastfreundschaft und so konnte ich den Roman einfach nicht aus der Hand legen. Findet Atlanta eine Antwort auf ihre Frage zu Maltes Tod und kann sich Enza mit dem drohenden Verlust ihrer Mutter auseinander setzen und loslassen? 
    Die Themen in diesem Roman sind durch Tod und Verlust einfach negativ, doch die Aussicht auf die Geburt eines Kindes macht auch Hoffnung.
     
    Atlanta und Enza stützen sich gegenseitig und wachsen enger zusammen, sie lernen, dass Abschied und Verlust genauso zum Leben dazu gehören wie Freundschaft, ein Neuanfang und die Hoffnung auf eine gute Zukunft.  
    Besonders schön fand ich die Reisebeschreibungen von der Landschaft, dem Meer oder dem Himmel. Die bieten stimmungsvolle Ruhepole inmitten der großen Gefühle der beiden Frauen. Natur erdet und lässt das Herz zur Ruhe kommen, das merkt man in diesem Buch ganz wunderbar.  

    "Tage wie Salzwasser" ist ein einfühlsamer Roadtrip der besonderen Art, mit Figuren, die mir ans Herz gewachsen sind und einer fesselnden Handlung! Die 4,5 Sterne runde ich gerne auf! 
     
     
    ***Ich danke Wasliestdu für die Möglichkeit dieser Buchprämie!***  
     

     

    Montag, 21. Juli 2025

    Der Krabbenfischer - Benjamin Wood

    Der Traum vom Leben  

     
    Der Krabbenfischer von Benjamin Wood erscheint im Dumont Verlag, in der Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence.
     
    Longferry, England, Sechzigerjahre. Thomas Flett lebt mit zwanzig Jahren als Krabbenfischer in einfachen Verhältnissen zusammen mit seiner Mutter, seinen Vater hat er nie kennen gelernt. Die harte und eintönige Arbeit des Krabbenfischens ist sein Tagwerk, er ist vertraut mit dem Meer und den Gezeiten, das Handwerk hat er von seinem Großvater gelernt. Viel lässt sich mit dem Fang nicht verdienen, aber es sichert ihm den Lebensunterhalt für die nötigsten Dinge. Thomas liebt Musik und übt heimlich Gitarre, er wünscht sich ein Leben, wo er Musik machen kann. Doch das Leben in Longferry lässt ihm keine Chance auf etwas anderes als mit Pferd und Kutsche täglich Krabben zu fischen. Dann besucht der amerikanische Regisseur Edgar Acheson die Stadt, er will einen Film drehen und macht Thomas ein Angebot.  
     

     
     
    Dieser Roman lebt von seinen Atmosphärischen Beschreibungen der salzigen Luft,  der Gezeiten, der gefährlichen Senklöcher und Nebelbänke im Meer. Ständig schwebt während des Krabbenfischens die Gefahr, in eine Untiefe zu geraten oder von der Flut überrascht zu werden. Die Arbeit ist kräftezehrend, der Fang nicht groß und die Tätigkeit eintönig und kalt.  
     
    Die Stimmung der Geschichte ist sehr ruhig und etwas melancholisch, denn die Chancen auf ein besseres, erfüllteres Leben für Thomas sind nicht gegeben. Doch mit dem Eintreffen von Edgar ändert sich die Situation und die Handlung entwickelt einen fesselnden Sog. Beide Männer starten bei Ebbe mit Pferd und Kutsche, es kommt Nebel auf, die die folgenden Ereignisse nebulös und unwirklich erscheinen lässt. Was dort geschieht, läuft unwirklich, wie hinter einem Schleier ab, es wirkt nicht klar und logisch, sondern vieles verbirgt sich im grauen Nebel.  
     
    Durch dieses einschneidende Erlebnis bahnen sich Thomas ungeahnte, tief verborgende Sehnsüchte den Weg jenseits seines perspektivlosen Lebens. 
     
    Der harte Job zehrt schon in jungen Jahren an Thomas Körper und an seiner Gesundheit. Seine Musik wäre seine Chance und Edgar ist derjenige, der an ihn glaubt und ihn ermuntert und bestärkt. Doch dann geschieht etwas, was Thomas am Erfolg seines Plans zweifeln lässt. Es ist nicht alles so wie es scheint und auch Edgar hat ein Geheimnis, das ihn in ein anderes Licht rückt. Am Ende bleibt die Aussicht auf Hoffnung!
     
    Der Krabbenfischer ist ein besonderes Buch mit atmosphärischen Naturschilderungen und speziellen Figuren, aber auch mit Vorgängen, die im Nebel verwischen und nicht klar zu erkennen sind. Atmosphärisch erzählte, intensive Geschichte, die nicht ganz logisch erscheint! 
       
     

    ***Herzlichen Dank an den Dumont Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***

     


     

     

    Samstag, 19. Juli 2025

    Cartier. Der Glanz von Gold - Sophie Villard

    Höhen und Tiefen im Leben der Juwelendynastie 

     
    Sophie Villards historischer Roman Der Glanz von Gold erscheint im Penguin Verlag. Es ist der zweite Teil der Cartier-Dilogie.
     
    Paris, 1918: Der Krieg ist überstanden, die Menschen schöpfen neuen Mut und die Goldenen Zwanziger sind angebrochen. Und damit auch die Welt von Hollywood, wo die Stars die Juwelen aus dem Hause Cartier zur Schau stellen. Die Familie Cartier setzt alles daran, dem Unternehmen zu neuem Glanz zu verhelfen. Und die erfolgreiche Designerin Jeanne ist endlich wieder mit ihrem Louis Cartier zusammen. Doch es ziehen neue dunkle Wolken auf, kann ihr Glück von Dauer sein?  
     


    Sophie Villard beschreibt das Leben der Familie Cartier in den wilden Zwanzigern, sie zeigt Intrigen, Emotionen und geschäftliche Belange der einflussreichen Cartiers. Gleichzeitig flechtet sie geschickt die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen ins Geschehen, so dass man die Zeit gut miterleben kann. Die Schauplätze wechseln zwischen Paris, London und New York und wir tauchen in unterschiedliche Perspektiven der handelnden Figuren ein. Dazu gehören Jeanne, Louis Cartier, Coco Chanel, Jacques und Pierre Cartier, Anne-Marie, Elma und Nelly. Wer den ersten Teil der Reihe noch nicht gelesen hat, hat zwar keine Einblicke in das bisherige Geschehen, bekommt aber genügend Informationen über die Personen, um sich zurecht zu finden. Mit Vorkenntnissen ist es natürlich viel einfacher und interessanter. 
     
    Die drei Brüder Cartier haben ein Imperium aufgebaut, die luxuriösen Schmuckstücke und  Armbanduhren sind begehrt bei Hollywood-Stars und reichen Kunden. Auch die britische Königsfamilie hat eine Vorliebe für die auserlesenen Stücke. So erleben wir in diesem Band erneut Prinz Edward mit seiner Freundin Wallis Simpson.  
    In diesem Roman ist es der Autorin gut gelungen, die Cartiers in einem Mix aus fiktiven und realen Erlebnissen zu zeigen, ihnen Leben einzuhauchen und sie mit vielseitigen Facetten auszustatten. 
    An manchen Stellen wechseln mir die Personen leider zu häufig. Mir ist es lieber, wenn nur aus der Sicht weniger Figuren die Handlung erzählt wird. 
     
    Jeanne war meine Lieblingsfigur, ihre emanzipierte Sichtweise hat mir schon im ersten Band gut gefallen. Mit ihrem kreativen Talent im Bereich Schmuck-Design hat sie sich einen Platz im Hause Cartier gesichert. Doch die Liebe zu Louis ist für sie nicht der Schlüssel zum großen Glück. Ich mochte die Szenen, in denen sie mit ihrer Freundin Coco Chanel Zeit verbringt und Coco nach einem Schicksalsschlag zur Seite steht. 
    Der Erzählstil ist flüssig, bildhaft und lässt die personellen Stimmungen sichtbar werden. Wir erleben Liebe und Leid, großartige Jazztage, aber auch die große Weltwirtschaftskrise, die die ganze Welt erschütterte. 
     
    Interessant fand ich das ausführliche Nachwort der Autorin, in dem sie ein paar Worte zu den Personen verliert und die politischen Zustände beschreibt. Es gibt nähere Einblicke in das Schmuckgeschäft, sowie Informationen über den blauen Hope-Diamanten. Damit bekommt der Roman einen runden Abschluß. 
    Ich bewerte das Buch mit 3,5 Sternen, die ich gerne aufrunde! 
     
    Ein unterhaltsamer, zeitbeschreibender Roman, der den Erfolg und das Auseinanderbrechen des Familienunternehmens aus nächster Nähe abbildet. 
     

     ***Herzlichen Dank an das Bloggerportal und den Penguin Verlag für das Rezensionsexemplar!*** 

     

    Dienstag, 15. Juli 2025

    Aber bitte mit Sonne - Angelika Schwarzhuber

    Leichter Unterhaltungsroman mit ernstem Hintergrund!

     
    Bei Blanvalet erscheint Angelika Schwarzhubers Roman Aber bitte mit Sonne.

    Lucy arbeitet in einer Steueranwaltskanzlei und ist gefrustet, denn plötzlich steht ihr Leben auf dem Kopf. Sie entdeckt einen Knoten in der Brust und versinkt in Angst. Ohne sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, verfällt sie in einen Fluchtmodus und will sich einen lang gehegten Trauem erfüllen und in die Karibik reisen. Sie kündigt ihre Stelle, löst ihr Erspartes auf und bucht die Reise. Doch dann schlägt das Schicksal zu! Bei einem Unfall bricht sie sich ein Bein und aus der Karibik wird nichts. Stattdessen verbringt sie die Zeit bei ihrem Onkel in Niederbayern, der eine Gastwirtschaft betreibt. Dort sorgt der Italiener Matteo als Koch fürs Wohl der Gäste, während Lucy sich in ihrem Zimmer verkriecht. Aber kann sie auf Dauer Matteos Charme widerstehen? 


     

    Bei diesem Roman erlebt man eine turbulente, sommerleichte Geschichte, die unterhält und die Sorge um eine Krebserkrankung aufwirft. Lucy erlebt diese Ängste um eine Erkrankung, sie fällt in eine depressive Phase und ihr Traumurlaub in der Karibik findet mit gebrochenem Bein in Bayern statt. Für sie Glück im Unglück, denn dort sorgt man sich um sie. 

    Die Figuren sind mit verschiedenen Eigenheiten ausgestattet, gerade Nele und ihre Mutter Ingrid haben mich mit ihrer herzlichen und direkten Art überzeugen können. Lucy dagegen fand ich sehr verpeilt und realitiätsfern, denn sie verschweigt ihre gesundheitlichen Sorgen vor ihrem Onkel und ihrer Freundin. Dabei besteht bei ihr eine familäre Vorbelastung, ein doppelter Grund für eine regelmäßige Brustkrebsvorsorge und eine Untersuchung im Verdachtsfall sollte einfach selbstverständlich sein. Der frühe Tod von Lucys Mutter wurde nur am Rande erwähnt und bei diesem ernsten Thema hätte ich mir mehr emotionale Auseinandersetzung erhofft. Ganz anders Matteo, er konnte mich überzeugen. Seinen eigenen Liebeskummer vergisst er, sorgt sich um Lucy, ist einfühlsam ist und bemüht sich, ihr aus ihrer Depression zu helfen. Die Liebesgeschichte war absolut vorhersehbar, doch bei so einem locker erzählten Sommerroman stört mich das nicht. Es passt für mich aber nicht ganz zusammen, einen leichten Roman mit dem Thema eines Krebsverdachts zu verbinden und dem Thema nicht mehr Tiefe und Bedeutung zu verleihen. 

    Die ganze Geschichte liest sich leicht, aber insgesamt recht oberflächlich. Lucys Sorgen kann ich sehr gut nachempfinden, aber nicht ihre lebensferne Art sich ohne konkrete Diagnose in einen Traumurlaub zu flüchten bzw. in Selbsmitleid zu verfallen. 

    Leichter Unterhaltungsroman mit ernstem Hintergrund, der zeigt, auch in dunklen Stunden geht die Sonne auf!   

    ***Herzlichen Dank an das Bloggerportal für dieses Rezensionsexemplar!*** 

     

    Samstag, 12. Juli 2025

    A Taste of Cornwall: Eine Prise Liebe - Katharina Herzog

    Leichter Liebesroman ohne das gewisse Etwas!

    Im Rowohlt Verlag erscheint Katharina Herzogs Roman A Taste of Cornwall: Eine Prise Liebe.

    Sophie Wilde ist die Tochter eines früheren berühmten französischen Sternekochs und kennt sich mit guter Küche aus. Sie arbeitet recht erfolgreich als Restaurantkritikerin in London, bis ihre negative Kritik über das neu eröffnetete Restaurant des Supermodels Annabelle Scott für einen Shitstorm sorgt. Das Model landet nach einem Zusammenbruch in einer Klinik und Sophies Chef schickt sie in eine Auszeit nach Port Haven an der Küste von Cornwall. Nachdem Sophie damit geprahlt hat, soll sie dort ein Sterne-Restaurant aufziehen. Mit ihrer pubertären Tochter und ihrer Mutter samt Rassekater macht sich Sophie auf den Weg, um das heruntergekommene "Smugglers' Inn" zu übernehmen. Die bisherigen Angestellten halten wenig von Sophies Idee, nur Koch Lennox kocht so gut wie er aussieht. Kann diese waghalsige Idee klappen? 
     

     

    Als Sophie im "Smugglers' Inn" ankommt, erkennt sie wie weit die Spelunke von einem Spitzenrestaurant entfernt ist. In was hat sie sich da nur hinein geritten?  

    Dieser Roman lässt sich durch den angenehmen und eingängigen Schreibstil Katharina Herzogs sehr schön lesen, es ist leichte Kost, die durch die Charaktere und ihre speziellen Facetten für gute Unterhaltung sorgt. Sehr gern habe ich alles rund um Sophies Mutter Tanya verfolgt, denn sie ist herzlich und doch sehr speziell. Durch die landschaftlichen Beschreibungen fühlt man sich in dem kleinen Küstenort angekommen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Entwicklung des Restaurants mit den unterwarteten Schwierigkeiten. Zu diesem Thema passt das Setting Cornwalls sehr gut und es werden auch einige Gerichte genannt, die durchaus für Appetit sorgen. Allerdings sollte man keinen besonderen Tiefgang erwarten, es ist eine etwas oberflächliche und vorhersehbare Geschichte, in der es auch um die Liebe geht, allerdings bei mehr Paaren als ich vermutet hatte. 

    Einige Vorgänge gingen mir einfach zu glatt, so funktioniert die Entscheidung den Pub zu pachten und das bürokratische Prozedere innerhalb von zwei Tagen, das ist nicht sehr realistisch. Das erwartete Ende trifft genauso ein und die Probleme lösen sich immer wie von Zauberhand. Bei den Figuren gab es wenige Einblicke in die Gefühle und die Konflikte zwischen Sophie und Riley verpuffen just in dem Moment als ein Hund ins Spiel kommt. Die Geschichte hat einen großen Unterhaltungscharakter mit schöner Kulisse und einem kulinarischen Touch, insgesamt fehlte mir etwas mehr Tiefgang, um wirklich mit der Story mitzufiebern.

    Ein gut zu lesender, unterhaltsamer Roman für entspannte Lesezeit mit dem Flair Cornwalls. Mir fehlte jedoch das gewisse Etwas, das mich fesseln konnte. 
      
     

    ***Herzlichen Dank an den Rowohlt Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***