Montag, 27. März 2017

Heute leben wir - Emmanuelle Pirotte

Eine ganz besondere Beziehung


"Heute leben wir" ist der erste Roman von Emmanuelle Pirotte und war ein großer Publikumserfolg in Frankreich, er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Die Autorin wurde von der Geschichte ihrer Großeltern, die im Zweiten Weltkrieg ein jüdisches Kind versteckten, inspiriert. Der Roman erscheint im Fischer Verlag[Werbung]


Dezember 1944: Die amerikanischen Truppen sind in den belgischen Ardennen und die SS Truppen Hitlers schlagen verzweifelte Schlachten zu Lasten der Zivilbevölkerung. In einem Dorf fliehen die Einwohner und übergeben die kleine Renée, die als jüdisches Kind versteckt worden ist, dem Pfarrer, der sie zwei Männern in einem amerikanischen Jeep überlässt. Aber die Männer sind keine Amis, sondern SS Soldaten auf Spähfahrt. Das Kind übt eine ganz besondere Wirkung auf Matthias, einen SS-Offizier aus und anstatt es zu erschiessen, tötet  Matthias den anderen Soldaten. Beide sind nun auf der Flucht, er als GI getarnt und Reneé als Christin. 




"Dieses Kind flösste ihm eine Kraft ein, eine Lebensenergie, eine neue Lust aufs Dasein, die ihn mitrissen und stärker beherrschten als alles, was er bis dahin für die Antriebskräfte seiner Existenz gehalten hat..." Zitat Seite 225


Dieser Roman hat mich sehr gefordert, es ist die ernste Kriegsthematik, die Judenverfolgung und all das Leid der Kriegszeit, die hier das dramatische Hintergrundszenario ausmacht. Kein einfaches Thema und so musste ich mich regelrecht überwinden, den Roman zu lesen.

Es geht um den SS-Offizier Matthias und seine Begleitung Reneé, die ein elternloses jüdisches Kind von circa 6-7 Jahren ist. Beide sind im Grunde auf der Flucht und eine innere Verbundenheit schweißt sie zusammen. Es ist ein starkes Band zwischen den Beiden, das man sich kaum erklären kann. Vielleicht fühlt sich Matthias durch das Kind gebraucht und emotional angerührt, sie sucht wahrscheinlich einen Vaterersatz, eine Bezugsperson und einen Menschen, der ihr nahe steht.

Man erfährt, dass Matthias die Judenvernichtung und den Rassenidealismus ablehnt, aber als Soldat ohne Skrupel töten kann. Wie weit er dem Nazi-Regime anhängt, bleibt irgendwie ungewiss. Er scheint sich irgendwie vom Nationalsozialismus zu distanzieren, aber als Soldat handelt er im Sinne seiner Auftraggeber, ohne sich Gedanken über die Folgen zu machen. Das finde ich sehr widersprüchlich.
Als er Reneé trifft, rührt sie sein Herz. Matthias ist kein Sympathieträger und dadurch eine interessante Figur und Reneé hat etwas an sich, was man sich nicht erklären kann. Eine unschuldige Seele, die lebensklug ist und sich Matthias ohne Abscheu anschliesst.   

Die Autorin zeigt die Grausamkeit des Krieges und gleichzeitig die anrührende Kraft, die von einem Kind ausgeht. Das macht dieses Buch zu etwas Besonderem, es entsteht eine fesselnde Odyssee, die Gefühle offenlegt, berührt und mich tief bewegt. Dennoch fehlt mir etwas mehr Klarheit in den Charakteren.

Was mir am Roman gut gefällt, ist die Tatsache, das die ernste Thematik von Krieg, Verfolgung und Verbrechen ohne wertende Kritik geschildert wird. Alle Gräueltaten werden fast nüchtern betrachtet gezeigt, auch wenn sie mich erschüttern. 
Deutlich wird aber auch, wie hier manche Menschen den Mut aufbringen, anderen in Not zu helfen und sie den Verfolgern zu entziehen. Dieser Aspekt ist für mich die wichtigste Aussage des Romans und die Hoffnung auf das Gute im Menschen bleibt dadurch bestehen.


Dieser Roman ist sehr speziell, er fesselt, erschüttert und berührt gleichermaßen mit seiner ernsten Thematik.

 
***Herzlichen Dank für dieses Rezensionsexemplar, das ich als Buchflüsterer von buecher.de erhalten habe!*** 


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