Von großer Euphorie meinerseits keine Spur!
Der Roman "Euphoria" von Lily King wurde mit dem neu geschaffenen Kirkus Prize ausgezeichnet und von der New York Times unter die fünf besten literarischen Bücher des Jahres 2014 gewählt. Er erschien 2015 im C. H. Beck Verlag.
Neuguinea, Anfang der 1930er Jahre: Drei junge Ethnologen – die schon berühmte Amerikanerin Nell Stone, ihr Mann Fen und der Brite Andrew Bankson – stoßen nach Jahren einsamer Feldforschung aufeinander und entwickeln eine leidenschaftliche Dreiecksbeziehung. Nell und Fen beginnen gemeinsam mit Bankson das Volk der Tam zu erforschen.
Gleich vorab: Lily Kings Schreibstil ist berührend und zeigt tiefe Einblicke in emotionaler und bildhafter Weise von der Beziehung der drei Protagonisten und dem Stammesleben der fremden und faszinierenden Tam in Neu Guinea. Zeitweise fühle ich mich direkt vor diese exotische Kulisse versetzt. Aber leider nur zeitweise! Denn zu sehr erscheint dieser Roman als Beziehungsdrama, bei denen die Akteure mir nicht sonderlich nahe kommen.
Die Geschichte spielt um 1933 und Kings Hauptprotagonistin Nell Stone, lehnt sich an die real existierenden Personen Margaret Mead, Fortune und Bateson an. Mead war eine amerikanische Anthropologin aus den 30er Jahren, die die Salomonen und Neuguinea erforschte und mit ihrem Forschergeist ihrer Zeit weit vor war.
Kings Roman beschreibt einen fiktiven Aufenthalt im Dschungel am Sepik, bei dem das Forschungsziel das Volk der Tam ist, einem weiblich dominierten Stamm.
Die drei Forscher untersuchen die Tam jeder auf seine eigene Art und erkennt man schnell drei völlig verschiedene Charaktere. Sie haben bei ihren Forschungen ganz verschieden Herangehensweisen, was für entsprechend Konfliktpotentiol sorgt.
Nell versucht, die fremden Kulturen zu verstehen, ihre Sprache zu lernen und ihr Handeln in der Gemeinschaft zu begreifen. Sie beobachtet die Stammesmitglieder und hat als Frau starken Bezug zu den Personen.
Fen, Nells Mann taucht dagegen in das Stammesleben regelrecht ein. Er ist ein profitgetriebener Mensch und hat Probleme mit der Berühmtheit seiner Frau. Zu sehr ist er dem Konkurrenzdruck unterlegen.
Andrew Bankson lebt schon lange als Forscher, ist dementsprechend ausgehungert nach menschlicher Gesellschaft und hat einen gescheiterten Selbstmordversuch hinter sich. Er freundet sich mit Nell und Fen an, verliebt sich in Nell und bewundert ihren Tatendrang.
Lily King schafft die zwischenmenschlichen Verhältnisse mit gerade mal unterschwelligen Andeutungen entstehen zu lassen. Vieles wird gar nicht genau beschrieben und dennoch erhält man ein umfassendes Bild, indem man als Leser sich die Zwischenräume zusammenreimt.
Meines Erachtens nach baut sich die Dreiecksgeschichte als Hauptthema auf und drückt die Forschung und den exotischen Hanflungsort in den Hintergrund. Dabei hätte ich gerade über das Stammesleben mehr erfahren. Was anfangs noch lebendig geschildet wird, gerade das Aufeinandertreffen und die Verständnisprobleme durch Sprachbarrieren, verliert sich schliesslich in Floskeln wie dem Willkommensgruß "Baya Ban".
Die Erzählperspektive springt zwischen den Figuren hin und her. Es werden Briefe und Forschungsergebnisse beschrieben und man bekommt einen vagen Eindruck über das Arbeiten von Ethnologen. Leider sind die erwähnten Stämme nur fiktiv, wie King in ihrem Nachwort erwähnt. Hier hatte ich mehr reale Grundlagen erwartet.
Dabei vermag King interessant zu erzählen und zeigt eine Atmosphäre voller Liebe und Leidenschaften. Eine ausgelebte Euphorie, die jedoch im Untergang endet.
Dieses Buch zeigt vordergründig eine Beziehungsgeschichte, die vor dem Hintergrund der Tropen und ihrer Stämme gezeigt wird. Das allerdings auch so in Bruchstücken, das ein einheitliches Bild fehlt.
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