Dienstag, 14. Februar 2023

Helenes Stimme - Sanne Jellings

Ein bewegender und einnehmender Roman über Helene Lange, die Pionierin der Emanzipation

 
Bei Rowohlt Kindler erscheint Sanne Jellings biografischer Roman "Helenes Stimme".

Eningen, Schwäbische Alb, Sommer 1864: Im Pfarrhaus der Familie Eifert verbringt die 16-jährige Waise Helene Lange mit zwei weiteren jungen Frauen ein Pensionatsjahr. Dort geht es weltoffen zu, es wird mit Gästen über Politik, Literatur und Philosophie diskutiert, Frauen haben jedoch in diesen Runden kein Mitspracherecht, das empört Helene, denn sie hat einen wachen Geist und möchte mitreden. Sie freundet sich mit der sensiblen Pfarrerstochter Marie an, die sich als Frau bisher nur ein Leben in der Familie und im Haushalt vorstellen kann. Aber Helene will mehr und weckt auch in Marie den Wunsch nach einem selbstbestimmteren Leben. Gemeinsam mit Maries Bruder Max und dessen Studienfreund Ludwig unternehmen Marie und Helene etwas an den Wochenenden. Ludwig und Marie verstehen sich gut, Ludwig ermuntert Marie, Geschichten zu schreiben. Doch dann verändert ein Verrat das Leben der vier Freunde jäh.


Als Helene in die Pfarrfamilie kommt, freundet sie sich mit Marie an, der Helenes Art imponiert. Denn Helene ist ganz anders als die bisherigen jungen Frauen, die hier als Pensionsgäste auf ihre Ehe vorbereitet werden. Sie ist intelligent, hat eine eigene Meinung, liebt es zu diskutieren und findet es ungerecht, dass Mädchen häufig die Schulbildung verwehrt wird, sie selbst träumt von einem Zugang von Frauen an den Universitäten und möchten diesen ungleichen Zustand verändern.

Die sprachliche Umsetzung ist Sanne Jellings besonders authentisch gelungen, sie verfasst die Dialoge im der Zeit angepassten Sprachgebrauch und stellt auch die Umgangsformen und die Unterwürfigkeit der Frauen deutlich dar. Man erlebt in der Handlung sehr anschaulich wie die gängigen Konventionen in Bezug auf Alltagsgeschäfte, Religion und die Rolle der Frau in der Zeit gelebt wurden.

Bei dieser Romanidee verschmelzen reale Gegebenheiten und Personen mit dem fiktiven Part rund um Maries berührende Geschichte und die schwäbischen Sagengeschichten zu einem runden Ganzen. Gebannt habe ich die Handlung von Anfang an verfolgt und es ist gut möglich, dass die Vorgänge im Pensionatsjahr in Eningen Helenes Entschluss reifen ließen, um Lehrerin zu werden und sich für Frauenrechte und Bildungschancen für Mädchen stark zu machen. 

Es ist gut vorstellbar, dass das ergreifend geschilderte Schicksal Maries, die sich aus den engen Vorstellungen ihrer Familie befreien will, von Helenes Bildungswillen ermutigt und dabei zum Spielball männlicher Macht das "schuldige" Opfer wird. Die Männer sind in ihrem Verhalten immer frei von Schuld. Sanne Jellings beschreibt in ihrem Roman sehr klar die Unterwürfigkeit und Abhängigkeit von Frauen und macht deutlich, dass Helene anders ist und den Frauen den Weg zur Unabhängigkeit freimachen möchte. Das ist ihr später auch gelungen!

Ein bewegender Roman über die junge Helene Lange, eine treibende Kraft der deutschen Emanzipation, die das Bildungswesen für Mädchen reformierte.  

 

***Herzlichen Dank an den Rowohlt Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***


 

Jellings, Sanne - Ein dänischer Winter

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