Ein lesenswerter historischer Schmöker über Wien
Der historische Wien-Roman "Im Schatten des Turms" von René Anour erscheint im Rowohlt Verlag.
Wien, 1787: Der Medizinstudent Alfred ist fasziniert vom
sogenannten Narrenturm, dort werden die Irrsinnigen behandelt, es entsteht damit ein neuer Zweig der Medizin. Wie die Menschen behandelt werden, ist jedoch recht grausam und Alfred bekommt Einblicke, die ihn nicht wieder loslassen.
Die junge Adlige Helene Weydrich war noch nie am Wiener Hof, weil ihr Vater von den Intrigen und Machtspielchen weiß und Helene davor schützen möchte. Als er stirbt, bekommt Helene einen neuen Vormund und ihre Situation ändert sich gewaltig.
Im Schatten des Narrenturms begegnen sich zwei diese zwei Menschen, wird es das Schicksal gut mit ihnen meinen?
Zu Beginn nimmt die Historie Wiens die bildhafte Hintergrundkulisse des Romans ein, die mich gedanklich nach Wien versetzt hat. Inhaltlich geht es im Roman um die Entwicklung der medizinischen Psychologie, die im sogenannten Narrenturm ihren Anfang hatte und um die Geschichte von zwei junge Menschen.
Protagonist Alfred ist ein mittelloser Medizinstudent, der sich sein Studium mit Arbeit finanzieren muss. Helene Weydrich gehört dem Hochadel an, bekommt vor ihrer Vorstellung bei Hofe privaten Unterricht in Naturwissenschaften und Latein. Um sein Studium zu finanzieren nimmt Alfred die Stelle als Lehrer bei Helene an und beide verlieben sich ineinander. Doch das Schicksal wendet sich gegen diese Liebe, Helene wird der Vormundschaft ihrer Tante unterstellt und Alfred als Soldat dem kaiserlichen Heer unterstellt.
Abwechselnd lässt der Autor die Figuren ihre Erlebnisse erzählen und stellt so die gesellschaftlichen Zustände vor und zeigt, welche Wünsche, Probleme und Lebensumstände Helene und Alfred bewegen.
Der lebendig beschriebene Schauplatz des historischen Wiens wirkt auf mich sehr authentisch und ich habe die Szenen gern verfolgt. Es war aber auch befremdlich, wie damals mit psychisch Erkrankten umgegangen wurde, von Respekt konnte da leider gar keine Rede sein.
Die beiden Protagonisten können mit ihren Charaktereigenschaften punkten, Alfred ist ein empathischer Arzt, der den schlechten Umgang mit den Erkrankten nicht mit ansehen kann. Und Helene ist eine starke Frauenfigur, die aus ihrer Adelsrolle ausbrechen und ihre Freiheit erreichen will.
Die Liebesgeschichte nimmt ihren Raum in der Geschichte ein und es war interessant, die Entwicklung der Charaktere zu beobachten, die sich gegen Intrigen und Ränkespiele häufig beweisen mussten. Das Paar hat viele Hindernisse zu überwinden, was mit einigen zeitlichen Einblicken auch gut nachzuvollziehen ist und ein Bild der damaligen Zeit abbildet.
Ich hatte mir allerdings mehr Hintergründe aus dem medizinischen/psychiatrischen Bereich erhofft, das Thema wurde aber nicht so sehr vertieft.
Wie es in historischen Romanen üblich ist, hat der Autor (recht lange) Kriegsschilderungen, Szenen der Liebe und des Ausbrechens in die Freiheit und einige Machtspiele/Intrigen in die Handlung eingebaut. Dadurch wird man abwechslungsreich unterhalten und erfährt auch die politischen Entwicklungen und das übliche Gebahren der damaligen Zeit aus nächster Nähe. Trotz der Länge des Buches blieb immer eine Grundspannung erhalten, die mich von einem Punkt zum nächsten folgen ließ. Einige Zufälle waren mir aber definitiv zu offensichtlich konstruiert.
Sehr anschaulich wird in diesem Roman das historische Wien beschrieben und bringt mit sympathischen Charakteren und widrigen Intrigen gute Unterhaltung mit sich. Ein Wien-Schmöker, der den Zeitgeist lebendig macht und eine Zeitreise bereit hält.
Hallo liebe Barbara,
AntwortenLöschenhm, vor fast 10 Jahren habe ich ...Die Wanifen....von diesem Autoren gelesen und war begeistert von seiner,ungewöhnlichen Geschichte.
Vielleicht auch schon bekannt..
LG....Karin..
Hallo Karin,
Löschenich kenne "Die Wanifen" nicht, es klingt aber sehr nach Fantasy und das ist ja nicht so mein Gebiet. :-)
Aber wer historische Romane und Wien mag, dem kann ich dieses Buch empfehlen.
Liebe Grüße
Barbara
Hallo Barbara,
AntwortenLöschenhm, ist eher so eine Steinzeitgeschichte mit Geistern/Naturkult...spielt im Salzkammergut also Österreich.
LG..Karin..
Ach, das ist ja nicht so mein Lesebereich! Hatte ich mir aber schon fast gedacht, der Name wirkte schon so geisterhaft!
Löschenlg Barbara