Das bisschen Hüfte, meine Güte heisst der neue Band von Torsten Rohde alias Renate Bergmann. In diesem Buch aus dem Rowohlt Verlag geht die Online-Omi in die Reha. [Werbung]
Renates Rollator rollt weiter: mit 82 Jahren, 4 verflossenen Ehemännern
und deren Grabpflege und einer Vorliebe für Korn hat das Leben Spuren
hinterlassen. Mit der Technik von Handys, Internet und online-banking
hat sie so ihre Schwierigkeiten, doch ihr Erbneffe Stefan hilft immer
tatkräftig. Als sie sich aber nach einer Frau für ihn umsehen will, wird
er selber aktiv. Er heiratet und Renate plant die Feier. Die wird ein
tolles Ereignis, aber leider hat Renate einen Folgeschaden: ihre Hüfte
muss neu. Also das volle Programm: Krankenhaus und anschließend Reha.
Aber Renate wäre nicht Renate, wenn sie dort alles sang- und klanglos
hinnehmen würde. Sie hat so ihre Meinung zu Bandscheiben und
Raucherecken, vitaler Kost und Kurschatten.
Wie auch beim Vorgängerband "Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker"
wurde ich humorvoll unterhalten und habe Renates Sicht auf die Dinge
sehr genossen. Sie zeigt mal wieder erfrischend ehrlich und humorvoll
wie sie mit ihren hoch gehaltenen Hausfrauentugenden anderen Menschen
Ratschläge und Putztipps erteilt und damit natürlich auch mal nicht so
gut ankommt. Nur ihre charmante Art macht das wieder wett und erst spät
bemerkt sie, wie auch ihre von ihr nicht so gut gelittenen Nachbarinnen
Frau Berber und Meiser, ihr doch am Herzen liegen. Gern vergleicht sie
das Heute mit den guten alten Zeiten, als sie im Berliner Osten noch
DDR-Krause hatte, Kaffee aus dem Westen von Verwandten bekam und
Lebensmittel eingekocht wurden.
Ein Wiedersehen gibt es auch mit Renates Freunden, die ebenfalls ganz
besondere Charaktere sind und so ihre Altersallüren und Macken haben.
Doch das schweisst sie ja alle zusammen und gemeinsam helfen sie sich
über die Schwierigkeiten des Alltags im Alter hinweg. Wenn der "Koyota"
von Kurt losrollt, ist kein Fußgänger mehr sicher. Dann werden die
Supermärkte nach Angeboten durchsucht und Wagenladungen von Kaffee, Korn
und Lebensmitteln eingekauft. Tochter Kirsten ist Vegetarierin und
esoterisch angehaucht, damit kommt Renate nicht so recht klar und Mutter
und Tochter kommen sich leider auch in diesem Buch nicht näher. Aber
dafür hat sie nun Stefan zum Bemuttern und Ariane ist auch eine
Bereicherung. Die Planung der Hochzeitsfeier war für mich die schönste
und lustigste Leseerfahrung in diesem Buch.
Zu ihrem Kuraufenthalt hat Renate natürlich viel Lustiges
beigesteuert. Die Reha hat so ihre Tücken und das zeigt sich in Renates
Beschreibung in Sachen wie Ernährung mit viel Ballaststoffen,
Ballspielen, Gesangstherapie und Gymnastik. Besonders lustig empfinde
ich ihre persönliche Ausstattung des Kurzimmers mit eigener Bettwäsche,
Kissen und privater Verpflegungsaufbesserung durch ihre Freunde.
Leider schweift Renate in diesem Buch deutlich mehr ab als in ihren
alten Geschichten, aber sie wird ja auch nicht jünger. Das hat mich aber
dann etwas gestört und im Vergleich zum ersten Band fiel dieses Buch
dadurch in seiner Gesamtwirkung leicht ab. Einige Themen wurden ein
wenig aufgewärmt.
Zum Thema Kurschatten hatte ich mir mehr versprochen. Aber was nicht
ist, kann ja noch werden. Erwin hat schon mal einen bleibenden Eindruck
hinterlassen.
Schön sind auf jeden Fall die alten Begriffe, die Renate in ihrem
Sprachschatz noch benutzt. Schlafstube, Anrichte und Chaiselongue
bringen den Glanz der Vergangenheit in ihre Erzählungen.
Dieser Roman ist eine heitere, leichte Lektüre und macht gute
Laune. Gern liest man von der alten Dame in ihrem munteren Plauderstil
und lässt sich gut unterhalten. Wer noch nicht weiß wie eine Kur
abläuft, wird hier sicher Informationen aus erster Hand erhalten.
***Rezensionsexemplar von Wasliestdu - Vielen Dank für die Bereitstellung des Buches und die Leserunde!***
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