Hotel Iris - Yoko Ogawa
Stösst ab und fesselt dennoch...
Sprachlich fast teilnahmslos erzählt, fesselt die Geschichte mit Dramatik und verstörender Abhängigkeit Maris.
Der Roman "Hotel Iris" wurde von der japanischen Autorin Yoko
Ogawa bereits 1996 geschrieben. 2016 erscheint die deutsche Übersetzung im Aufbau Taschenbuch Verlag.
Die junge Mari leidet unter ihrer
herrischen Mutter und macht die Bekanntschaft eines deutlich älteren
Mannes. Er wohnt auf einer einsamen Insel, wo er als Übersetzer
arbeitet. Sie nehmen eine dunkle Beziehung auf, er schreibt ihr
faszinierende Briefe, die für Mari nach sehnsüchtiger Liebe klingen. Bis
die Situation schliesslich eskaliert.
Dieses Buch zog mich magisch in einen Lesesog. Auch wenn ich Maris
Gefühle für den alten Übersetzter nicht verstehen kann und einige
Szenen mir ekelhaft und abschreckend erscheinen, wollte ich dennoch
wissen, wie die Geschichte ausgeht.
Außerdem fasziniert mich
die Ausdruckskraft der Erzählweise Ogawas. Die knappe, einfache und doch
voller Sinnlichkeit fesselnde Sprache ist ein einziger Lesegenuss.
Dabei
beschreibt dieses Buch echte Tabuthemen - Sado-Masochismus und
Sexualität zwischen Partnern mit hohem Altersunterschied.
Hier
erkennt man die beiden verlorenen Seelen. Da sind die zwei Seiten des
alten Mannes und Maris Sehnsucht nach Liebe, die sie ihm entgegen
bringt. Denn in seinen Briefen zeigt er sich voll verzehrender Liebe
nach ihr, besucht sie ihn in seinem Haus, ist er der Bestrafer. Er will
sich vergewissern, ob es ihn noch gibt. Sie geniesst die neu erweckte
Lust und ein Leben neben ihrer Rolle als Tochter und Arbeitskraft.
Die
perversen sexuelle Neigungen drücken den Schmerz beider Figuren aus, es
wird aber niemals anzüglich oder obszön. Hier schafft Yoko Ogawa es,
die unverständliche Zuneigung Maris auszudrücken.
Der
Erzählstil in einer zurückgenommenen, knappen, fast kargen Sprache wirkt
wie eine Beobachterrolle. Das erweckt einen kargen traurigen Eindruck,
die Aussicht auf die herrische Mutter oder den kranken Alten, wo ist
hier Hoffnung?
Ist es wirklich eine Liebesbeziehung oder fliehen hier zwei verlorene Seelen vor ihrem tristen Alltag?
Ein Roman, der abschreckt und dennoch fesselt, weil man lesen möchte, wie die Figuren enden. Dramatisch und verstörend zugleich!
***Rezensionsexemplar vom Aufbau Verlag - Herzlichen Dank an Christine Seiler vom Verlag für die Bereitstellung des Buches!***
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