Freitag, 4. Juli 2025

Der Schlaf der Anderen - Tamar Noort

Die Bedeutung von Schlaflosigkeit wird interessant beschrieben!

 
Der Schlaf der Anderen von Tamar Noort erscheint bei Rowohlt Polaris
 
Sina ist Lehrerin, Mutter von zwei Kindern und Ehefrau eines selbstsüchtigen Ehemanns. Wegen ihrer starken Schlafprobleme soll sie eine Nacht im Schlaflabor verbringen. Dort überwacht Janis als Krankenschwester ihre nächtlichen Gäste. Sie kommt ins Gespräch mit Sina, die auch im Labor nicht in den Schlaf findet und beide unternehmen eine nächtliche Reise, dabei entwickelt sich zwischen ihnen ein zartes Band der Freundschaft.  



Tamar Noort beschreibt in "Der Schlaf der Anderen" die Probleme des Lebens mit ihren unerfüllten Träumen und dem Blick auf das ernüchternde Erreichte im Leben.  
Sina ist ausgelaugt, sie versucht die Anforderungen ihrer Lehrtätigkeit und das Familienleben in Einklang zu bringen und verzweifelt an ihrem Mann, der sie nicht hilfreich unterstützt. Dabei gerät sie in einen Teufelskreis mit ihrer Schlaflosigkeit, die jeder Betroffene allzu gut nachvollziehen kann. 
Janis lebt zurückgezogen und ist eine ruhige, ausgeglichene Frau, die sich dem Takt ihres nächtlichen Jobs verschrieben hat, aber auch damit hadert. Schon lange hat sie keine neuen Kontakte geknüpft, sie fühlt sich allein und nutzt den Tag zum Schlafen. 
 
Sie unternimmt mit Sina eine nächtliche Reise, weil sie sich für deren Sicherheit verantwortlich fühlt. Je mehr Zeit sie miteinander verbringen, wächst das gegenseitige Verständnis und sie bauen eine freundschaftliche Verbindung auf, die aber nicht lange hält. Doch in dieser Nacht zeigen sich ihre Hoffnungen auf ein erfülltes Leben ohne die jeweiligen Probleme, die sie bedrücken. 
Nach und nach taucht man durch die wechselseitig erzählten Perspektiven in die Gedankenwelt und das Leben der beiden Frauen ein. Dabei wurden die Konflikte deutlich gemacht, die durch das Funktionieren als Erwartungshaltung der Außenwelt herauf beschworen werden. Ich war betroffen, dass Sina weder von ihrem Mann noch von ihren Kolleginnen Verständnis und hilfreiche Angebote entgegen gebracht werden. 
 
Nur Janis nimmt sich Zeit und hat für Sinas Probleme ein offenes Ohr. Ihre eigenen Sorgen geraten dabei ein wenig ins Hintertreffen, aber sie findet eine liebenswerte ältere Nachbarin, die sich um sie kümmert. 
 
Beide Frauen sind wie gegensätzliche Pole im Tag- und Nacht-Vergleich, jede hat einen anderen Rythmus als die andere. Die Autorin zeigt auf eindringliche, feinfühlige Weise die Gefühlslage der Frauen und wie sich ihre Lebenswege miteinander verbinden und den Blick auf alte Erinnerungen und Träume offen legen. Sie spricht Themen an wie Burnout, emotionale Isolation und das Gefühl, sich im eigenen Leben zu verlieren und nur noch zu funktionieren. 
 
Die Story beginnt ohne großen Tiefgang, doch sie entwickelt mit der Zeit einen unerwartet fesselnden Sog und öffnet den Blick auf die Innenwelt der Frauen und darauf, dass es möglich ist, bestimmte Dinge im Leben zu verändern und etwas Neues zu beginnen. 
Das freundschaftliche Gefühl der ersten Nacht entwickelt eine Kraft in den Frauen, die ihnen erst später bewusst wird.  
Manchmal reicht eine Nacht, um durch Zwischenmenschlichkeit eine Veränderung im Leben zu bewirken.  
 
Die Volkskrankheit Schlaflosigkeit und die interessanten Frauenfiguren machen diesen Roman so lesenswert.
 
***Herzlichen Dank an den Rowohlt Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***
 
                                         

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