Ein großartiges Familienporträt, tief psychologisch beobachtet und fesselnd wie ein Krimi.
Was ich euch nicht erzählte ist der erste Roman von Celeste
Ng. Die Autorin hat mit diesem Roman in den USA den Preis "Amazon Book
of the year" gewonnen. Die deutsche Erstausgabe erscheint 2016 im dtv.
In einer Kleinstadt in Ohio lebt in den 70er Jahren
die Familie Lee. James Lee ist chinesischer Abstammung und seine Frau
Marilyn ist Amerikanerin. Sie haben drei Kinder, Hannah, Nathan und
Lydia, ihr intelligentes Lieblingskind. Die Polizei findet nach Lydias
Verschwinden ihre Leiche im nahe gelegenen See. Mord oder Selbstmord,
die Eltern glauben an Fremdverschulden, Nath hält Jack für schuldig.
Allein die kleine Schwester Hannah ahnt etwas von Lydias innerer
Zerrissenheit und Selbstaufgabe. Was ging in Lydia vor, welche Zweifel
quälten sie?
"Lydia, der unfreiwillige Mittelpunkt der Familie - hielt
jeden Tag die Welt zusammen. Sie schluckte die Träume ihrer Eltern und
unterdrückte den Widerwillen, der in ihr brodelte." Zitat Seite 159
Dieser
Roman führt in eine Zeit, als Mischehen in Amerika nicht toleriert
wurden und deren Kinder automatisch Aussenseiter waren.
Jedes
Familienmitglied erlebt die Ausgrenzung in anderer Art und Weise und die
Hoffnungen der Eltern für ihre eigenen aufgeschobenen Wünsche und
Lebensträume manifestieren sich einzig in ihrer begabten Tochter Lydia,
die Hoffnungsträgerin der ganzen Familie. Siehe Zitat! Sie soll diese Träume leben, aber sie zerbricht an dieser Aufgabe.
Die Handlungsstränge wechseln zwischen Gegenwart und Vergangenheit
ab, sie beschreiben die Jugend der Eltern, ihr Kennenlernen und die
aktuellen Vorkommnisse der Familie. So bekommt der Leser allmählich ein
umfassendes Bild dieser zerrütteten Familie. Die Andersartigkeit des
Vaters, die aufgegebene Karriere der Mutter und die Kinder, die hinter
Lydia zurückstehen. Die Tragödie ist unausweichlich, aber wie ist es zu
dem Tod Lydias gekommen?
Man erkennt, wie schwierig es für
die Eltern ist, über ihre Probleme offen miteinander zu reden. Statt
dessen flüchten sie sich in ein Leben der verdrängten Gefühle und
erkennen nicht, dass auch ihre Kinder unter der Missachtung leiden. Die
Familie versucht eigentlich nur, normal zu sein.
Wie Lydia
unter diesen Erwartungen zerbricht ist im Buch allmählich erkennbar. Sie
sollte die Träume ihrer Eltern erfüllen. Ungesagte Worte haben ihr
Schicksal besiegelt.
Die Autorin hat mit solch eindringlicher
Genauigkeit Gefühle und Gedanken in ihren Roman eingebaut, dass man
gefesselt ist wie bei einem Krimi. Diese Familiengeschichte ist eine
Tragödie, die einen nicht so schnell los lässt. Die ungesagten Worte
wogen schwer und Lydia sollte die Träume ihrer Eltern erfüllen.
Ich
war beim Lesen tief betroffen und sah die unausgesprochenen Hilfeschreie
der Kinder, die von den Eltern nicht gehört wurden, da sie auch als
Paar nicht darüber sprechen konnten. Sie aber hatten mit Selbstzweifeln
zu kämpfen und konnten die Kraft für andere nicht aufbringen.
Genausowenig wie sie in Lydia einen eigenständigen Menschen mit eigenen
Wünschen erkannt haben. Die ungesagten Worte wogen schwer und Lydia
sollte die Träume ihrer Eltern erfüllen. Das musste sie mit ihrem Tod
bezahlen.
Doch am Ende steht trotz aller Trauer die Hoffnung, dass Hannah und Nath eine glücklichere Zukunft haben werden.
Eine
berührende Familientragödie, die zeigt, wie unausgesprochene Worte ins
Aus führen können. Meisterhaft klar erzählt und voller Lebenserfahrung!
Unbedingt zu empfehlen!
***Rezensionsexemplar von vorablesen - Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Buches!***
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