Freitag, 14. März 2025

Wenn die Tage länger werden - Anne Stern

Vielschichtiger Roman um das Geheimnis einer Violine

Im Aufbau Verlag erscheint Anne Sterns Roman "Wenn die Tage heller werden".

Die alleinerziehende Musiklehrerin Lisa verbringt zum ersten Mal einige Wochen ohne ihren Sohn Paul. Diese Zeit bringt eigentlich die langersehnte Freiheit mit sich, doch Lisa hat Selbstzweifel über ihre Mutterrolle und ihr Leben danach. Sie sucht ihre alte Geige hervor und bringt sie zu Hans, der voller Inbrunst noch in hohem Alter seine Geigenbauwerkstatt betreibt. Mit seiner Tochter Ute besitzt er einen Obsthof, wo sich Lisa und Paul gleich wohl fühlen. Ute hat eigene Sorgen, sie kann aus Krankheitsgründen die Ernte nicht mehr schaffen. Als Hans etwas über die Herkunft ihrer Violine herausfindet, verändert das Lisas Blick auf ihre Familiengeschichte enorm und sie macht sich auf die Suche nach dem dunklen Geheimnis.  




Anne Stern verbindet in ihrem Roman mehrere Themen zu einem runden Ganzen. Im Vordergrund steht die Rolle der alleinstehenden Mutter Lisa, die zum ersten Mal drei Wochen ohne ihren Sohn verbringt. In dieser Zeit der Muße kämpft sie innere und familiäre Konflikte aus. Ihre Gedanken drehen sich um Selbstzweifel, Anerkennung und Entfremdung von ihrer Mutter und sie merkt, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse stark vernachlässigt hat. Durch ihre reparaturbedürftige Violine kommt sie der SS-Vergangenheit ihres Großvaters auf die Spur und versucht, mehr darüber zu erfahren. Die Beziehung zu ihrer Mutter ist schwierig, über den Großvater wurde wenig erzählt und es bedarf einiger Nachfragen, bis ihre Mutter ihren Fragen stellt. Kann man die Vergangenheit verschweigen oder vergessen?

Die dunklen Zeiten rühren in der Frage wie man mit Kriegstraumata und damit verbundenem Leid umgehen soll. Anne Stern beschreibt, wie solche dunklen Abgründe von Schuld und Vertuschungen Familien über Generationen hinweg begleitet haben. Wie lebt man mit der Vergangenheit, mit den Verbrechen an Juden und der Verschacherung ihrer Besitztümer.  

Für Lisa ist die Auseinandersetzung mit ihrer familiären Geschichte ein Weg in ein neues und offeneres Leben. Sie lernt Menschen kennen, die sie wertschätzen und mögen, gewinnt neue Freunde hinzu und lässt damit ihre eigenen dunklen Zeiten hinter sich. 

In diesem Roman habe ich die flüssige und eingängige Erzählweise genossen und wurde schnell mit den Figuren warm. Es ist erstaunlich, wie die Charaktere vom ersten Moment des Erzählens an ein Eigenleben entwickeln, dass ich gern verfolgt habe. Jede Figur in diesem Buch ist gut umrissen, bringt neue Impule und erweckt diese Geschichte zum Leben. Dabei wechseln sich dunkle und helle Tage ab, so wie das Leben eben spielt.

Anne Stern hat mich tief in die Gedankenwelt ihrer Protagonistinnen hineingezogen und damit gefesselt. Ich konnte einige Phasen der Mutterrolle gut nachfühlen und mit der sommerlichen Atmosphäre zaubert sie mir das Gefühl zurück von Sommerferien am See mit Eis und endlosen Tagen. Doch sie weckt auch die Erinnerungen an früheres Leid und setzt einen Funken von Hoffnung mit dem neuen Verbleib der Violine.

Durch die Vielschichtigkeit von Mutterrolle, Mutter-Tochter-Verhältnis, Krankheit und der historischen Verbindung bekommt dieser Roman reichlich Tiefgang. Vom Erzählerischen her lebt der Roman von der Atmosphäre zwischen den Menschen aber auch vom wunderbaren Sommer. Ich fühlte mich von Anfang bis Ende wunderbar unterhalten.


***Herzlichen Dank an den Aufbau Verlag für dieses Rezensionsexemplar!*** 


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  • Stern, Anne - Wenn die Tage länger werden

  • 1 Kommentar:

    1. Liebe Barbara,
      ui, da freue ich mich schon auf das Buch, welches ich über Lovelybooks gewonnen habe. Ich mag generell die Bücher der Autorin sehr gerne.

      Liebe Grüße
      Martina

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