Montag, 14. November 2022

Caroline Märklin - Charlotte von Feyerabend

 

Eine außergewöhnliche Frau und ein eindrucksvolles Porträt

"Caroline Märklin" ist eine Romanbiografie von Charlotte von Feyerabend und erscheint im Droemer Verlag

Göppingen, 1859: Caroline Hettich heiratet mit 33 Jahren den Witwer Wilhelm Märklin, wird seinen zwei Töchtern eine gute Mutter bekommt drei Söhne. Aber das ist ihr nicht genug, sie übernimmt im Familienunternehmen die Aufgabe einer der ersten weiblichen Handelsreisenden und sorgt mit ihren sprudelnden Ideen maßgeblich für die Produktion von Kinderspielzeug wie Modelleisenbahnen oder kletternden Blechaffen. 

 
Charlotte von Feyerabens stellt uns in dieser Romanbiografie sehr differenziert die Lebenswege von Caroline Märklin vor, die sich als Frau den gesellschaftlichen Hürden ihrer Zeit widersetzte. Der Roman beschreibt, wie sie die Geschicke des eigenen Unternehmens maßgeblich lenkte und als eine der ersten Frauen im Beruf einer Handelsreisenden eine Vorreiterrolle einnahm. Carolines sprudelnde Ideen für Kinderspielzeug waren für die Expansion des Betriebes ein Segen und gleichzeitig machte sie damit Generationen von Kindern glücklich.

Mitte des 19. Jahrhunderts waren Frauen in Deutschland in erster Linie Ehefrau und Mutter und übten keinen Beruf aus. Aber Caroline ging diese Rolle nicht weit genug und ließ sich mit der Entwicklung der Eisenbahn und des schneller werdenden Verkehrs mitreißen. Sie erkannte die aufkommende Industrialisierung als Chance für den eigenen Aufbruch, setzte in ihrer Familie neue Pädagogikansätze durch und wollte Kindern mit ihrem Spielzeug mehr Kindsein ermöglichen.

In diesem Buch taucht man in eine Welt der ratternden Eisenbahnen ein, blättert in Warenkatalogen mit Blechspielzeug und reist an Carolines Seite quer durch Deutschland. Die Veränderungen der Zeit rissen auch Caroline Märklin mit, die nach dem Tod ihres Mannes das Unternehmen allein weiterführte und um Geschäfte tätigen zu können, erneut heirateten musste. Die Produktion von Kinderspielzeug war ihr ein Herzensanliegen, nur wenige Kinder hatten damals Spielzeug und Caroline erschloß mit ihren Handelsreisen neue Absatzmärkte. So gelingt es ihr, die Firma bis zur Übernahme durch ihre Söhne weiterzuentwickeln. Spätere Patente für Modelleisenbahnen stärkten die Position der Firma.

Die Recherche für diese Frauenpersönlichkeit war eher schwierig, dennoch hat die Autorin uns eine stimmige und umfangreiche Geschicht erzählt und die einzelnen Quellen und Zeitzeugen genau dargelegt. Wir erleben eine quirlige Frau mit einer Vision und tauchen in eine Zeitreise ein, als die Eisenbahn die Menschen mit ihrer Geschwindigkeit beeindruckte und die Zeit schneller machte.   
Als handelsreisende Frau hat sich Caroline Märklin im Berufsleben in einer Männerdomäne behauptet, sie nutzte die Industrialisierung für den Ausbau ihrer Spielzeugproduktion, die später in Massen hergestellt wurden.
Sehr interessant finde ich die Einblicke in das Flaschnerhandwerk und die Aufgaben von Handelsvertreter:innen, die ihre Produkte in Katalogen zum Kauf anboten. Die Charaktere sind vielfältig geschildert, die Familie von Caroline erlebt man richtig gut. Insgesamt gesehen erscheinen die Charaktere aber doch nicht sehr tief und ich kam nur Caroline etwas näher. 
 
Ihr geschildertes Leben hat mich auf eine interessante Zeitreise mitgenommen und ich habe ihre persönlichen Probleme, ihre Liebe, Trauer und Enttäuschung miterleben dürfen. Sie kämpfte für ihre Träume und ich durfte eine mutige und emanzipierte Frau begleiten, die die Firma ihres Mannes erhielt, ausbaute und zu einem Markenzeichen machte. Wie sehr die Frauen damals vom Gutdünken ihres Ehemanns abhängig waren, wird hier klar aufgezeigt. Caroline brachte sich mit ihren sprudelnden Ideen im Betrieb ein und erledigte gleichzeitig noch die Erziehung ihrer Kinder auf beeindruckend liebevolle und unterstützende Weise. 
 
Eine interessanter, zeitbeschreibender Roman um eine wegweisende, starke Frauenpersönlichkeit.  

 

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