Donnerstag, 27. Februar 2025

Frühjahrskollektion - Christine Koschmieder

Erschütternde Wahrheiten zerstören das Bild der Familie!   

Der Roman Frühjahrskollektion von Christine Koschmieder erscheint im Kanon Verlag. 

1964: Deutschlands Wirtschaftswunder bringt endlich den ersehnten Wohlstand und auch die Mode entwickelt sich weiter. Lilo hat als Chefin eines Modegeschäfts beruflichen Erfolg und erzählt davon in einem Interview, gleichzeitig sorgt das für Werbung ihrer neuen Bademodenkollektion. Doch sie verschweigt bewusst einige unangenehme Fakten über Geschäfte mit den Nazis im besetzten Polen, wofür sich die deutsche Justiz sehr interessiert. Auch Ehemann Harry hat in diesen Geschäften eine entscheidende Rolle gespielt. 
Ihre Tochter Reni lebt mit Freund Fred zusammen, sie ist Mannequin und führt Mode der deutschen Konfektionshäuser vor, ihr Plan ist jedoch ein Platz auf den großen Laufstegen Amerikas.
  
 
Die Geschichte wird aus der Sicht von Lilo, Harry und Reni erzählt, so taucht man in ihre Gedankenwelt ein und kommt ihnen näher. Das Leben der kleinen Familie wirkt nach außen perfekt, sie bewohnen einen komfortablen Bungalow. Lilos Boutique läuft gut, sie möchte ihre neue Bademodenkollektion bei großen Firmen fertigen lassen, um damit mehr Umsatz zu machen. Ihr Mann Harry ist Busfahrer und unternimmt Fahrten von Kriegswitwen zu den Gräbern ihrer verstorbenen Männer. Folgt man jedoch der Handlung, werden nach und nach immer mehr schmutzige Geschäfte aus der Vergangenheit enthüllt, die bei der Entnazifizierung aufgeklärt werden.

In diesem Roman widmet sich Christine Koschmieder den 60er Jahren, einer Zeit, die vordergründig die den erwachenden Modegeist der Frauen, ein neues Zeitgefühl, den Konsum und den Wohlstand feiert. In bunten Bildern beschreibt Koschmieder die unterschiedlichen Stoffe, Farben und Trends und man erfährt viel über die Herstellung und den Vertrieb der Mode. Doch die Handlung ist nicht so oberflächlich wie es auf den ersten Blick scheint, denn sie lässt auch die Schattenseiten der politischen Vorgeschichte in der Nachkriegszeit in ihre Handlung einfließen. Viele Entnazifizierungen sind noch nicht abgeschlossen.

Beinah unterhaltsam taucht man bei der Lektüre in die 60er Jahre ein, erlebt das kleine Glück der Lilo Kowatz und wird dann genau wie Reni von einer familiären Lüge überrascht. Ein altes Familienfoto wird als Lebenslüge enttarnt und es kommen Details über enteignete Juden und zu Geschäften ihrer Eltern an Tageslicht, die Lilo zu einem Schritt ins eigene Leben ermutigen.  

Der Blick in die Gefühlswelt der Figuren ist der Autorin gut gelungen, sie spiegelt den Zeitgeist und die Lebensvorstellungen dieser Zeit gekonnt wieder. Womit ich nicht so gut klar kam,  

Die Erzählweise ist sehr bildhaft, die Autorin beschreibt sehr detailreich die Modewelt und schildert eingehend die Lebensumstände der Figuren. Diese Ausführungen sind insgesamt sehr ausführlich geraten, worunter leider die Spannung etwas verloren geht. Für mich war Reni die Figur, mit der ich mitgefiebert habe und es war erschreckend zu sehen, wie ihre Welt nicht mehr das war, was sie lange Zeit schien.   

Ein interessanter Roman, der ungeschönt in die 60er Jahre blicken lässt und die Verbrechen deutscher Geschichte in Erinnerung ruft.
 
***Herzlichen Dank an Literaturtest und den Kanon Verlag für dieses Rezensionsexemplar!***
 

 



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