Montag, 22. Januar 2024

Heinz Labensky und seine Sicht auf die Dinge - Tsokos & Tsokos

Ein bewegter Blick hinter die Fassade der DDR   


Im Droemer Verlag erscheint der Roman "Heinz Labensky und seine Sicht auf die Dinge" von Anja Tsokos & Michael Tsokos.

Heinz Labensky ist Ende siebzig und lebt in einem Seniorenheim in Ostdeutschland. Er besitzt einen verminderten IQ, galt schon im Kindesalter als nicht "förderungsfähig" und musste die Schule früh verlassen. Nur mit Hilfe seiner Freundin, der Außenseiterin Rita, lernte er Grundzüge im Schreiben und Lesen und verdiente sich später als Handlanger seinen Lebensunterhalt. 
Fast fünfzig Jahre hat Heinz nichts mehr von Rita gehört, doch dann erreicht ihn ein Brief ihrer Tochter und Heinz fährt mit dem Flixbus nach Warnemünde, um endlich Antworten auf seine Fragen zu bekommen. Mit blühender Fantasie erzählt er den Mitfahrenden von den Erlebnissen seines Lebens und dabei verschwimmt die Grenze zwischen Fakten und Fiktion. 


 
"Luftschlösser brauchten keine Baugenehmigung, aber sie halfen einem, nicht die Hoffnung zu verlieren." Zitat
 
Der kauzige und geistig nicht gerade beschlagene Heinz Labensky lässt auf der Suche nach seiner Jugendfreundin Rita im Flixbus sein Leben in der DDR Revue passieren. Dabei erzählt er von seiner Begegnung mit der Stasi und lässt sich vor den sozialistischen Karren spannen, naiv, aber um für Rita etwas herauszuschlagen: Es werden politische Parteiparolen abgespult, es geht um geheime Kinderheime, um die Olympischen Spiele und den Einfluss des politischen Kaders, der den Funktionären Wohlstand und Luxus einbrachte, während die sozialistischen Bürger im HO nach Waren anstanden und von einem Trabbi träumten. 
Heinz hatte in dieser Hinsicht Glück, er besaß einen Moskwitch, der ihm durch private Taxifahrten Geld einbrachte. Völlig unerwartet wurde der unwissende Heinz bei so einer Fahrt zum Gehilfen der Gründungsmitglieder der RAF und begab sich damit in eine brisante Lage. Auch wenn ich mit Heinz gelitten und um ihn gebangt habe, als er sich dann noch auf die Suche nach dem legendären Bernsteinzimmer macht, ufert die Bandbreite seiner Erlebnisse ziemlich aus und in seiner gutgläubigen und einfachen Art wurde er mir nicht unbedingt sympathisch. Dafür ist er zu sehr politischer Blindheit und Unwissenheit geschlagen und seine eher platonischen Gefühle für Rita konnte ich ihm dann doch nicht ganz abnehmen.

Wer dieses Buch liest, sollte sich auf eine spezielle, etwas unglaubwürdige Figur einstellen, die fantasievoll erzählen kann, sich manche Zustände schön redet und dabei unterhaltsam Vorgänge aus der DDR-Geschichte wiedergibt. Man erlebt humorvolle Äußerungen und erfährt Dinge, die man so nur von den DDR-Bürgern persönlich erfahren konnte. Diese Grundidee hinter dem Buch hat mir gefallen und ich war gespannt, was Heinz am Ende seiner Reise erfahren wird. 
Von mir gibt es 3,5 Sterne, die ich gerne aufrunde, weil mich Labenskys Schicksal sehr interessiert und mir der mit humorvollen Begriffen gespickte Erzählstil gut gefallen hat.  
 
Eine naive, fantasievolle Hauptfigur ermöglicht uns einen ungeschönten Blick hinter die Fassade der DDR und ruft uns noch einmal die Geschichte dieses Landes in Erinnerung. 
 

***Herzlichen Dank an den Verlag und an Vorablesen für dieses Rezensionsexemplar!***



2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Barbara,

    ich bin da ehrlich, wie will ich etwas bewerten, wenn ich es nicht selber er/gelebt habe.
    Deshalb nehme ich...politischer Blindheit und Unwissenheit...auch gerne hin.

    Wir hier in Deutschland/Westen sind mit anderen Vorstellungen/Werten groß geworden und sowas legt Mann/Frau auch in unserer heutigen Zeit nicht einfach ab...zumal ich denke/glaube nicht alles in der DDR war schlecht....

    LG..Karin..

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    1. Hallo liebe Karin,

      ich habe früher Verwandtschaft in der DDR gehabt und mich auch sehr mit den Gegebenheiten vertraut gemacht. So wie Heinz bzw. Anja Tsokos es beschreibt, hat es im Sozialismus ausgesehen.
      Übrigens bewerte ich ja auch nur das Buch, nicht die politischen Vorgänge und wurde insgesamt recht gut unterhalten.
      Es gab auf alle Fälle Dinge, die in der DDR gut waren, aber meine Tanten haben immer erzählt, das man eben nicht einfach offen seine Meinung sagen durfte, ohne für die Familie Nachteile zu bekommen. Studium der Kinder oder Besuche im Westen gingen nur, wenn man jeden sozialistischen Quatsch mitmachte und nicht negativ auffiel.
      Das wäre für mich undenkbar.

      Liebe Grüße
      Barbara

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