Samstag, 16. September 2017

Die erstaunliche Wirkung von Glück - Susann Rehlein

Erstaunlich ja, Glücksgefühle nein! 



Susanne Rehlein schrieb ihren Roman "Die erstaunliche Wirkung von Glück" 2015 und er erscheint im Dumont Verlag. (Werbung)

Dorle lebt in einer Berliner Villa im Souterrain in der ehemaligen winzigen Concierge-Wohnung, drahtet in Heimarbeit Kristalle für Kronleuchter zusammen und putzt Treppenhaus und Eingangsbereich für die älteren Mitbewohner. Mit der Wohnung scheint sie auch die Aufgaben einer Concierge geerbt zu haben, dabei hat sie dafür keinen Vertrag und auch keine Bezahlung.
Ihre Kindheit verlief recht schwierig, sie wurde geschlagen und lebte eine Zeit im Kinderheim. Bis sie Joe trifft, der ihr den Job besorgt und auch die winzige Wohnung.





Susanne Rehlein erzählt eine eigenartige, manchmal märchenhaft anmutende Geschichte über das Glück. Die besondere Protagonistin Dorle und ihre schrulligen Mitbewohner haben schräge Angewohnheiten und es kommt zu komischen Erlebnissen. 
Dorle lebt zurückgezogen, ist eine graue Maus ohne Freunde und Bekannte und ihr einziges Highlight des Tages ist der Gang zum Schlachter, wo sie sich ein Mettbrötchen holt. 
Dann erscheint Frau Sonne wie eine gute Fee und bittet Dorle gegen Bezahlung, ihre Wohnung zu hüten und Aufgaben zu erledigen, die ihr per Fax zugehen.


Die Senioren in der Villa sind sehr unterschiedlich, manche verhalten sich halbwegs liebenswürdig, andere sind aufdringlich und behandeln Dorle wie eine Dienstbotin. Stets soll sie putzen, Einkäufe tragen, fegen und für Ordnung sorgen. Sie lässt das mit sich machen, entwickelt dabei eine Art, die ich nicht nachvollziehen kann. Ihr Helfersyndrom lässt sie sogar Beleidigungen schlucken und ihr minderes Selbstwertgefühl kann man sich kaum für eine junge Frau ihren Alters vorstellen. Die Erlebnisse im Haus sind aber nicht nur furchtbar und demütigend, es gibt auch Situationen, bei denen man lachen kann. Die Aktion mit den Topfpflanzen ist so eine. 
  
Der einzige Sympathieträger ist für mich Joe, alle anderen Figuren sind schwierig zu verstehen. Alle Personen werden nicht sehr tief gezeichnet. Auch Joe nicht, man merkt ihm nur seine Gefühle für Dorle an, deswegen redet er viel, lässt sich von Dorle aber auch zurückweisen. Was für ein gutmütiger Mann, der eine Menge Geduld mit Dorle hat. Auch Frau Sonne kann man nicht wirklich mögen. Sie spielt zwar die vermeintlich Gute im Roman und plant eine Veränderung für Dorle, aber ich habe das Gefühl, sie hat ihren Spaß daran, jemanden zu bevormunden. Die Aufgaben, die Dorle zum Glück verhelfen sollen, sind z. B. Massagen bekommen, Hefezöpfe zu backen oder in guten Restaurants bezahlte Dates zu treffen. Und das soll helfen? Wenn man das Alter von Dorle in Betracht zieht, so kann man das kaum glauben. Junge Leute gehen tanzen, Wellen surfen, auf Festivals und treffen andere junge Leute. Hier findet aber das Aschenputtel Dorle ihr Glück unter alten Menschen. In einer gewissen Weise ist das ansprechend und märchenhaft, aber mir fehlt hier der realistische Bezug zum wahren Leben. 

Das Ende ich vorhersehbar. Bis Dorle sich allmählich aus ihrer Verklemmtheit, Unsicherheit und Zurückgezogenheit löst und weiterentwickelt, zieht sich die Geschichte ganz schön in die Länge. Auch bemerkt man bei der lethargisch wirkenden Dorle keine Stimmungshochs, sie vermisst Joe, aber wenn er da ist, hält sie ihn weiter auf Abstand. Das ist etwas übertrieben und ziemlich nervig.


Susanne Rehlein hat einen besonderen, melancholisch wirkenden Sprachstil, der gut zu Dorles spezieller Welt passt. Ich habe die ungewöhnlichen Erlebnisse gern gelesen und mich ein wenig amüsiert. Aber die Charaktere haben ich mir nicht richtig erschlossen und Dorles Weg war nicht unbedingt fesselnd.

Hier wurde auf recht spezielle Weise ein Mensch therapiert, der sich zurückgezogen hat. Inwieweit diese Theapie angemessen ist, mag ich nicht beurteilen. Mein Glücksgefühl wurde jedoch nicht richtig angesprochen. 
"Die erstaunliche Wirkung des Glücks" ist ein Buch, dessen Sprachstil ich gern gelesen habe, aber inhaltlich frage ich mich, wieso man Dorle dieses Glück nicht anders beibringen kann. 


 
Dieses Buch hat eine besondere, märchenhafte Art und die melancholische Stimmung passt gut zum Thema. Dennoch ist mir manches zu vorhersehbar und das Glück stellte sich bei mir nicht ein.
   



 

6 Kommentare:

  1. Liebe Barbara,
    auch mich konnte dieser Roman nicht abholen und ich glaub ich habe ihm sogar nur 2 1/2 Sterne gegeben.
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina,

      es gibt viele begeisterte Stimmen zu diesem Buch und ich fand den Erzählstil eigentlich auch ganz schön. Aber die Handlung war doch nicht so toll.

      Liebe Grüße
      Barbara

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    2. Ich war damals bei der LR dabei und es gab großteils negative und begeisterte Stimmen..kaum etwas dazwischen.
      Liebe Grüße
      Martina

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    3. Das kann ich mir nun gut vorstellen. Dabei kann die Autorin eigentlich toll schreiben.

      Liebe Grüße Barbara

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  2. Hallo liebe Barbara,
    also das Cover von diesem Buch finde ich total ansprechend, aber ich kannte das Buch von anderen Bloggern bereits, die sehr schlechte Kritiken gegenüber diese Buch hatten. Und wenn ich gerade meine Vorrednerin die liebe Martina lese, dann bestätigt mir das nochmal.
    Ich wünsche Dir einen wundervollen Sonntag und hoffe Du hast bald wieder ein Buch mit besserer Unterhaltung in den Händen.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Hallo Andrea,

      das Buch sieht toll aus, keine Frage und das Cover zeigt auch den märchenhaften Charakter der Geschichte. Aber es konnte mich nicht überzeugen.

      Mein Sonntag war bisher schon einmal richtig toll, wir waren mit Freunden brunchen und haben einen großen Spaziergang gemacht.

      Auch für dich noch ein paar schöne Sonntagsstunden mit einem guten Buch.
      LG Barbara

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