Mitreißender Historienroman zu Zeiten der Weberaufstände
Bei Tinte & Feder erscheint mit "Zwischen zwei Welten" der Auftaktband der Achenthal-Saga von Izabelle Jardin.
Elise von Achenthal führt als Enkelin eines Tuchfabrikanten in Schlesien ein sorgloses und wohlbehütetes Leben in Wohlstand. Als es 1844 zu einem Aufstand der notleidenden Weber kommt, die bessere Arbeitsbedingungen und faire Löhne brauchen, um überleben zu können, flieht Luises Großvater. Der Aufstand wird vom Militär blutig niedergeschlagen.
Durch einen Zufall wird sie Zeugin eines Übergriffes auf die Webertochter Marie, sie bringt sie nach Hause, erkennt die große Armut und versteht zum ersten Mal, wer für ihren eigenen Wohlstand verantwortlich ist. Sie möchte das ändern und bekommt mit Konrad von Radenau einen reformbereiten Mitstreiter. Die Maschinenweberei würde den Menschen die Arbeit erleichtern, in England trägt die industrielle Revolution mit diesen Maschinen bereits reife Früchte. Elise reist mit ihren Eltern nach England und besucht die Fabrikantenfamilie Cunningham und lernt den Sohn des Hauses Fletcher kennen. Eine Verbindung des Paares würde die finanziellen Probleme der Achenthals lösen, aber Elises Herz hängt an Konrad. Aber sie gibt Fletcher ein Versprechen, dass sie hoffentlich nie einlösen muss.
Izabelle Jardin schreibt flüssig, sehr ausdrucksvoll und emotionsbeschreibend,
sie lässt ihren Roman im Schlesien von 1844
stattfinden und zeigt unterschiedliche Gesellschaftsschichten, die
Unternehmerfamilien und die armen Weberfamilien, wo schon die kleinsten
Kinder am Webstuhl sitzen.Die Charaktere werden alle erkennbar
beschrieben, Luise steht im Mittelpunkt des Geschehens und hat mit ihrer mutigen und sich für die Armen
einsetzenden Art gleich mein Herz gewonnen. Sie lebt das wohlsituierte
Leben einer Unternehmerstochter, liebt ihre Jagdhündin, die ihr nicht
von der Seite weicht und reitet mit ihrem eigenen Pferd durch die Wälder. Auf so einem Ritt hat
sie auch einen Übergriff auf Marie beobachtet, seitdem setzt sie sich
für das Mädchen ein und erkennt, wie wenig Macht diese armen Menschen
haben, um für Gerechtigkeit zu kämpfen. Durch die lebendig beschriebenen Gedanken und Gefühle Maries ist man ihr sehr nahe.
Hinter Luises Geschichte erlebt man die historischen Gegebenheiten, die durch das bildhaft
beschriebene Setting zum Leben erwachen. Für mich sorgt das
beschriebene Elend der Weberfamilien und die Einbindung des Zeitgeschehens für den entscheidenden Tiefgang des Romans.
Ein emotional mitreißender Roman, der mit den historischen Bezügen sehr authentisch die Weberaufstände beschreibt und mit Luises Erlebnissen gut unterhält. Durch das offene Ende erwartet man wissbegierig den zweiten Teil, der mir hoffentlich wieder so gut gefällt.
***Herzlichen Dank an Tinte & Feder und Zucker Berlin für dieses Rezensionsexemplar!***
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