Ein toll erzählter, intensiver, aber auch recht ausführlicher Roman über das Zerbrechen einer Familie vor dem Hintergrund des entstehenden Nationalsozialismus.
Sophia von Dahlwitz Roman heißt "Das Licht zwischen den Zeiten" und erscheint im Droemer Verlag.
Westpreußen 1918: Der Erste Weltkrieg ist fas vorbei, die Kriegsfolgen sind für das Deutsche Reich spürbar und dramatisch. Es gibt Unruhen, die Bevölkerung ist verarmt und traumatisierte Kriegsheimkehrer sorgen für Randale. Auf dem Gut Frommberg bei der Familie von Dahlwitz scheint man davon noch nichts mitzubekommen. Als sich der junge Adoptivsohn Georg in seine Stiefschwester Helen verliebt, sorgt das für einen ungeahnten Familieneklat, denn sie sind gemeinsam aufgewachsen. Helens Schwester Rudela wird nun von Justus umworben. Er ist der Cousin der Schwestern und stammt aus einer angesehenen Offiziersfamilie, damit erscheint er zwar standesgemäß, jedoch ahnt noch niemand von seiner politischen Einstellung als aktiver Nationalsozialist.
In diesem Roman taucht man nicht nur in die private Familiengeschichte der Autorin ein, man erfährt anhand der umfangreichen Schilderungen der Lebensumstände und Lebenswege der verschiedenen Figuren die Entstehung von Kriegsfolgen, politischen Strömungen, Machtenthebung von Gutsbesitzern und Liebesgeschichten.
Die Erzählebene informiert über die verschiedenen Charaktere der Familie von Dahlwitz, in Einschüben kommentiert die Autorin das Drama aus der Gegenwart. Dadurch fühlt man sich mit der gesamten Familie verbunden und erlebt die Gefühle, den Zwiespalt und die politischen Verfehlungen intensiv mit.
Der angenehme Erzählstil der Autorin sorgt für flüssiges Lesen. Sie erzählt spannend und mit detailgenauen Schilderungen und macht das Handeln ihrer Vorfahren verständlich und man hat den Zeitgeist deutlich vor Augen. Dabei sorgt die politische Einstellung für einen gewissen Zwiespalt, einzelne Wege der Familienmitglieder hätten anders verlaufen können und auch darüber wird Auskunft gegeben. Diese Ausführungen sind zwar interessant, führen aber ein wenig vom Thema weg.
Für diesen Roman muss man sich Zeit lassen, man kann ihn nicht mal eben weglesen. Denn die einzelnen Schicksale zeigen auch die politischen Unruhen auf, die man auf diesem Gut in Schlesien gar nicht groß mitbekommt. Hier wird deutsche Geschichte aufgearbeitet, es werden die Schwierigkeiten und Nöte der Menschen und die Entwicklung des Nationalsozialismus aufgezeigt.
"Das System vergisst uns nie, sein Kodex verfolgt uns überallhin, und seine Rache an den Abtrüningen kann furchtbar sein. Aber das ist keine Entschuldigung." Zitat Seite 164
Die Charaktere sind klar und lebhaft umrissen. Man erlebt mit Helen, wie sie um ihre Liebe kämpft. Fühlt mit dem Gutsbesitzerpaar Donata und Heinrich die Sorge um das Überleben ihres Guts und erkennt, wie am Ende die Adelsfamilie zerbricht.
Die Geschichte kommt mir wie eine Doku-Soap in Buchform vor. Das Familienleben, die Befindlichkeiten, Sorgen und Nöte werden ausgelebt, gefeiert und es wird gelitten. Man ist bei dieser Familie hautnah dabei.
In gewisser Weise haben mich die Einschübe der Autorin gestört, sie wirken irgendwie befremdlich und stören meiner Meinung nach das Romangeschehen. Einige Ausführungen zu Kriegstheorien und anderen Themen sind zu ausführlich geraten. Manchmal muss gar nicht soviel erklärt werden, die Figuren zeigen schon die besonderen Umstände der Zeit deutlich auf.
Die Liebesgeschichte von Helen und Georg konnte mich genauso fesseln wie die Schilderungen von Bruder Felix, der als Arzt den Schrecken des Krieges bei seinen Patienten vielfach ins Auge blickt. Es sind die Opfer, die ein Krieg fordert, die Grauen, die durch Menschen gemacht sind und die bei diesem Buch so offen gezeigt werden.
Ein lebendig geschriebener, sehr ausführlicher Roman, der Zeitgeschichte aufzeigt
***Herzlichen Dank für diesen Roman, den ich vom Droemer Verlag erhalten habe.***
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