Montag, 7. Januar 2019

Der Apfelbaum - Christian Berkel

Eine bewegend erzählte, schicksalsträchtige Familiengeschichte, die bis zum Ende fesselt. 

Ein bißchen Jüdisch


Der Schauspieler Christian Berkel schreibt in "Der Apfelbaum" eine Aufarbeitung seiner Familiengeschichte. Der Roman erschien am 12.10.2018 im Ullstein Verlag.


Berlin 1932: Sala, ein Halbjüdin aus gutem Hause, und Otto, Sohn einer Arbeiterfamilie, lernen sich als Jugendliche bei einem Einbruch kennen und verlieben sich ineinander. 1938 verlässt Sala ihre deutsche Heimat und zieht zu ihrer jüdischen Tante nach Paris, bis die Deutschen in Frankreich einmarschieren. Otto zieht als Sanitätsarzt mit der Wehrmacht in den Krieg, währenddessen wird Sala bei einem Fluchtversuch verraten und in einem Lager in den Pyrenäen interniert. Sie hat Glück und wird von Hunger, Seuchen und Deportation verschont. Sie entkommt dem Gräuel und taucht unter.



Christian Berkel hat sich als Schauspieler einen Namen gemacht, weil ihn seine Familiengeschichte jedoch nicht losgelassen hat, versuchte er, sich ihr schreibend zu nähern. Wie er das Leben seiner teilweise jüdischen Vorfahren über drei Generationen in Zeiten des Nationalsozialismus schildert und mit Inhalten ausschmückt, ist nicht nur berührend zu lesen, es zeigt auch ein authentisches Bild dieser schicksalsträchtigen Zeit.


Mit großem Einfühlungsvermögen, sprachgewandt und mit einigem Berliner Dialekt versehen, erzählt Christian Berkel seine interessante Geschichte. Seine Großeltern stellt er darin in den Mittelpunkt und zeigt damit, wie zwei Liebende unter den Widrigkeiten ihrer Epoche zu kämpfen haben. Ihr Leben wurde wie das von so vielen Menschen zum Spielball der Zeit.

Die Handlungsorte sind weitreichend und führen von Berlin über Stationen in Madrid, Paris, einem Lager in den französischen Pyrenäen, Argentinien bis in die russische Kriegsgefangenschaft Ottos. Das macht deutlich, wie sehr das Leben der Personen dem Einfluss der Judenverfolgung und des Kriegsgeschehens unterworfen war. Flucht, Verfolgung und Gefangenschaft spielte in diesen Leben eine große Rolle. 

In diesem Familienepos werden die Figuren genau gezeichnet, sie wirken vor allem durch ihre Sprache authentisch und berühren mit ihren Gefühlen, Ängsten und Sehnsüchten, die im Kriegsgeschehen und auch danach von so vielen äußeren Einflüssen beeinflusst wurden. Es gibt einige Familienangehörige, die mit ihrer Besonderheit auffallen und im Roman auch für unterhaltsame Szenen sorgen. Berkels Großvater war homosexuell und lebte in einer Nudistenkolonie, die Großmutter agierte als Anarchistin in Spanien und die Großtante arbeitete in der Pariser Modeszene mit den Größen ihrer Zeit.

Mich haben die Schicksale von Otto und Sala tief berührt und die geschilderten Kriegsszenen mit Hunger, Gewalt und menschlicher Grausamkeit haben mich mit großer Betroffenheit erfüllt. So etwas darf sich nicht wiederholen und deshalb finde ich Bücher mit dieser Thematik so unglaublich wichtig. 

Dieser Roman hat mich berührt und bis zum Ende gefesselt. Hier wird nichts schön geredet, sondern offen gezeigt, wie sich Menschen einer Familie auf verschiedene politische Seiten gestellt haben. 

Etwas problematisch sehe ich die häufig wechselnde Zeit- und Ortsperspektive, wenn man das Buch allerdings in einem Rutsch durchliest, verknüpfen sich die Handlungsstränge zu einem kompletten und verständlichen Bild.


Dieser autobiografisch angehauchte Roman zeigt eine bewegend erzählte, schicksalsträchtige Familiengeschichte, die bis zum Ende fesselt. Sie erklärt nachkommenden Generationen diese Zeit und macht den Unsinn von Kriegen an Beispielen fest. Ein Mahnmal gegen den Krieg. 



13 Kommentare:

  1. Liebe Barbara,

    das klingt toll!
    Ich schätze Christian Berkel als Schauspieler sehr und deshalb bin ich jetzt neugierig auf seine Familiengeschichte.


    Liebe Grüße
    Conny

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    1. Liebe Conny,

      es ist eine besondere Figurenkonstellation, soviel steht fest. Und die Eindrücke der Zeit werden deutlich geschildert.
      Mir hat das Berlinern auch gut gefallen.

      Bin gespannt, ob es bei dir einzieht.

      Liebe Grüße
      Barbara

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  2. Das klingt,auf jeden Fall sehr interessant. Werde ich mir merken.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Liebe Andrea,

      dieses Buch ist für ein Debüt unschlagbar gut.

      LG Barbara

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  3. Hallo Barbara, ich habe das Buch auf dem eReader, aber noch nicht reingelesen. Nun bin ich sehr gespannt darauf und werde den Berliner Dialekt nächste Woche abends geniessen,,,,
    LG Angela

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    1. Liebe Angela,

      das wird dir gefallen. Ach so: Der Dialekt geht nicht komplett durchs Buch, nur bei bestimmten Personen.

      Viel Spaß dabei, es ist ja zur Zeit echtes Lesewetter angesagt!

      lg Barbara

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  4. Liebe Barbara,
    nun hast du mich wirklich neugierig gemacht. Scheint ein Buch für ich zu sein und wandert gleich mal auf meine Wunschliste!
    Alles Liebe
    Martina

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    1. Liebe Martina,

      genauso war das auch gedacht. ;-)
      Das wird dir gefallen, Familiengeschichte, Kriegsthematik und interessante Figuren sind doch genau dein Fall.

      Liebe Grüße
      Barbara

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  5. Liebe BArbara,
    danke für diese tolle Buchbeschreibung! Auch ich schätze Christian Berkel sehr als Schauspieler, das Buch ist sicher sehr lesenswert!
    Ich wünsche Dir einen wundervollen Tag!
    ♥ Allerliebste Grüße, Claudia ♥

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    1. Liebe Claudia,

      so einen besonderen Erzählstil hätte ich eigentlich gar nicht erwartet. Auch die Figuren sind ganz besonders gut gelungen.
      Was liest du denn gerade?

      Auch für dich einen schönen Tag, hier stürmt und regnet es und will gar nicht hell werden.

      Liebe Grüße
      Barbara

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  6. Klingt sehr emotional und interessant. Ich persönlich liebe es wenn im Text unterschiedliche Zeitspannen miteinander verknüpft werden. :)

    Viele liebe Grüße <3

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    1. Meine liebe T,

      Berkel ist auch als Schriftsteller toll. Die Aufarbeitung seiner Familiengeschichte lag ihm wirklich am Herzen, das merkt man beim Lesen.

      Liebe Grüße
      Barbara

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