Samstag, 8. August 2020

Das Leben ist ein wilder Garten - Roland Buti

Schön geschrieben, aber von der Handlung her nicht ganz rund

Ein Roman über das Leben, philosophisch und bildhaft erzählt. 

Im Zsolnay Verlag erscheint Roland Butis Roman "Das Leben ist ein wilder Garten".

Der Landschaftsgärtners Carlo Weiss lebt allein, seine Frau Ana hat ihn verlassen und seine Tochter studiert in London. Sein aus dem Kosovo stammender Hilfsgärtner Agon ist ein Koloss von Mann, hat aber eine empfindsame Seele. Eines Tages wird er von Schlägern verprügelt und landet mit seinen Verletzungen im Krankenhaus. Carlos Mutter ist dement und lebt im Heim, von dort ist sie verschwunden. Gemeinsam mit Agon macht sich Carlo auf die Suche nach ihr und entdeckt ganz neue Seiten an seiner Mutter, die mit einem Grandhotel während des Zweiten Weltkriegs zu tun haben. 



Carlos Mutter flüchtet aus dem Seniorenheim zu dem Ort ihrer ersten Liebe, ins Grandhotel in Gilon, wo Carlo sie findet und einen Teil aus ihrer Jugend und Vergangenheit erfährt, der ihm bisher verborgen war. Die Lebenszeit seiner Mutter nähert sich dem Ende, wichtige Personen in ihrem Leben noch einmal zu sehen, wünscht sich jeder Mensch vor seinem Tod. Und Carlo lernt einige Geheimnisse seiner Mutter kennen und kommt ihr so näher als je zuvor.  

Roland Butis Erzählstil ist vielfältig, realistisch und voll von Stimmungen und genau beobachteten Personen-, Orts- und Gefühlsbeschreibungen. Damit schafft er eine Nähe und Vertrautheit, die den Leser an seine Figuren bindet. 
Die Handlung dreht sich hauptsächlich um die Personen, ihre Gedanken und ihre Art zu leben oder sich zu verhalten. Mit genauen Eigenarten und Äußerlichkeiten beschreibt Buti seine ausgefallenen Charaktere, die man so sehr vertraut vorgestellt bekommt.  
Inhaltlich geht es um das Leben, um Trauer, um Heimat und auch um die Natur, um Gärten und die Vogelwelt. Besondere Vogelbeobachtungen hängen mit Carlos Mutters Jugend in Verbindung, nach dieser Erkenntnis sieht auch Carlo Vögel mit anderen Augen. Manchmal muss das Interesse erst geweckt werden, der Blick für etwas geschäft, um es dann aus einem anderen Blickwinkel zu entdecken.

Mir hat dieser Roman vom Sprachstil her sehr gut gefallen, doch die lose Aneinanderreihung von Handlungssträngen und die Zeitsprünge waren mir zu verworren verstrickt. 
Ich konnte mit den Personen trotz der Nähe nicht richtig mitfühlen. 
Einzelne Szenen mit Ana zeigen uns die Carlos Sehnsucht nach ihr und seine Einsamkeit. Beide haben sich auseinandergelebt, die gemeinsamen Schäferstündchen sind von ihr scheinbar keine echten Liebesbeweise. Auch über Carlo hätte ich gern mehr erfahren. Daneben führen die Blicke in die Jugend der Mutter, in ihr Leben im Heim, das für sie keines ist und neben allem erfahren wir Agons Lebensweg, seinen Beruf, seine Bildung und seine Achtung vor dem Alter. Am Ende schließt sich der Kreis, doch irgendwie war die Geschichte für mich nicht ganz rund.  

Dieser Roman ist leise und doch voller Stimmungen. Er erzählt von Trauer, von dem eigenen Willen vor dem Tod und ist doch keineswegs traurig erzählt. Ein feines Buch über die geheime Jugend einer Frau, deren Sohn scheinbar nicht viel von ihr wusste.  


***Herzlichen Dank an den Zsolnay Verlag und an Vorablesen für dieses Rezensionsexemplar!***

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