Sonntag, 3. November 2019

Liliane Susewind – Ein Seehund taucht ab

Unterhaltsame, sehr fantastische und unrealistische Geschichte, die pädagogisch ziemlich fragwürdig ist. 


"Liliane Susewind - Ein Seehund taucht ab" ist der dreizehnte Band der Serie von Tanya Stewner, der bei Fischer KJB erscheint. 


In den langersehnten Ferien geht es für Lilli und ihren besten Freund Jesahja an die Nordsee. Lilli kann mit Tieren sprechen und deshalb wird auch dieser Urlaub sehr abenteuerlich. An der Küste wurde eine Schutzzone für Seehunde eingerichtet und die Kinder erkennen, dass die Fischer die Seehunde dort vertreiben wollen. Als plötzlich ein Seehundbaby verschwunden ist, machen sich die Kinder auf die Suche. Und die tierischen Helfer sind natürlich auch sofort mit dabei.  



Diese Ferien-Geschichte dreht sich um Freundschaft, Mut und Zusammenhalt, aber auch um die Akzeptanz vom Anderssein. Gleichzeitig wird eine Handlung beschrieben, die den Umweltschutz und das Verständnis für die Tiere an der Nordsee in den Vordergrund stellt. Dank Lilli und ihrer Gabe mit den Tieren sprechen zu können, erfährt man, was die Tiere umtreibt und man wird Zeuge, wie sich ein Austerfischer in Lilli verliebt. Das klingt natürlich drollig und sorgt auch für viel Spaß. Die aristokratisch denkende Katze Frau von Schmidt hat eine sehr gestelzte Sprache und ist für Erwachsene recht interessant, Kinder kommen damit vielleicht nicht so gut klar.
Für wirkliches Wissen über Tiere ist Jesahja zuständig, er weiß viel und wenn nicht, macht er sich schnell schlau. Durch ihn erfährt man, wie sich Robbenmütter verhalten, wenn ihre Jungen von Menschen angefasst wurden, sie lehnen sie generell ab. Das wird im Buch einfach durch Lillis Fürsprache geändert. Das ist leider der falsche Ansatz in einem Kinderbuch. Und das macht mich fast schon wütend. Dieses Buch erfordert sehr viel Erklärungsbedarf durch die Eltern, sonst erweckt es den falschen Eindruck. Auch eine Bootspartie in einem lecken Kanu wird fast lebensgefährlich, es gibt tierische Retter was zwar märchenhaft schön klingt, aber doch wenig mit der Realität zu tun hat. 
 
Während mir die Idee der Tiersprachen sprechenden Lilli sehr gefallen hat und Kinder sich in diese Rolle gern hineinträumen werden, konnten mich einige Dinge nicht überzeugen. Es ist eine positive Seite, Tiere schützen zu wollen, die Existenzsorgen der Fischer werden zwar auch erklärt, aber als sehr negativ abgetan. So können Kinder nicht lernen, das viele Probleme auch von verschiedenen Seiten betrachtet werden müssen. 
Begeistern konnte mich zwar die resolute Oma, aber welche alte Dame wirft denn mit toten Fischen nach Menschen? Eine Ulknummer, ganz klar, aber damit leider auch nicht ernst zu nehmen, auch nicht für Kinder. Mit Orlando tritt ein transsexueller Mensch aufs Parkett, er möchte viel lieber eine Frau sein und kleidet sich auch so. Dieses Anderssein soll hier für Akzeptanz sorgen, dabei haben Kinder damit meistens gar keine Probleme. Die drohende Scheidung von Jesahjas Eltern belastet ihn sehr, hier wird das Thema nur kurz aufgegriffen und nachdem Lilli ihn tröstet, dass sie Freunde für immer sein werden, ist die Sorge vom Tisch. 
Ich habe das schlichte Gefühl, dass hier eine Handlung zusammenkonstruiert wird, die möglichst viele Themen abdecken soll. Das merkt man leider, der Erzählfluss ist irgendwie nicht ganz stimmig und ich hätte mir hier weniger Probleme gewünscht, auf die dann aber auch differenzierter und vor allem realistischer eingegangen werden kann.


Von der Sprache her ist das Buch recht einfach zu verstehen und es ist durch die Eigenarten der Tiere sehr unterhaltsam und lustig. Die schönen Illustrationen sind traumhaft schön und werten das Buch auf. Trotzdem konnte mich dieses Lilli-Abenteuer leider nicht überzeugen und ich empfehle Eltern unbedingt, dieses Buch mit den Kindern gleichzeitig zu besprechen. Leider finde ich dieses Buch sehr überzogen, unrealistisch und für Kinder denkbar ungeeignet.  



***Vielen Dank an Fischer KJB und an Lovelybooks für dieses Rezensionsexemplar!***



8 Kommentare:

  1. Meine Tochter hat die Geschichten der Autorin als Gundschulkind verschlungen. Was wahrscheinlich daran lag, dass die Heldin mit Tieren sprechen kann. Das hat sich meine Tochter auch erträumt. Viele Kinderbücher sind leider von der Sprache nicht das, was ich mir gewünscht hätte. Aber es hat scheinbar nicht geschadet und die Idee hinter der Geschichte ist ja nett und hat bei meiner Tochter die Fantasie angeregt.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Hallo,
      ich kann mir gut vorstellen, das deine Tochter die Bücher gern gelesen hat. Vom Erzählstil her hat mir die Geschichte auch gefallen, aber den Kindern weismachen zu wollen, das Seehunde ihre Babies mit menschlichem Geruch wieder annehmen, ist Humbug. Das muss ich in einer Rezi auf alle Fälle erwähnen und wertet das Buch leider auch ab.

      lg Barbara

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  2. Hallo liebe Barbara,
    ich habe in letzter Zeit auch desöfteren mal das ein oder andere Kinderbuch gelesen. Ich muss sagen, dass mir die Umsetzung in Kinderbüchern und auch die etwas anderen Themen,sehr gut gefallen und eine schöne Abwechslung (zu den sonst von mir gelesenen Jugendbüchern) bieten.

    Zwar klingt das von dir vorgestellte Buch auf den ersten Blick sehr interessant. Besonders schön finde ich, dass die Protagonistin mit Tieren sprechen kann. Das ist natürlich etwas, was sich bestimmt einige Kinder wünschen und was die Fantasie anregt. Schade ist, dass hier falsche Werte vermittelt werden. Ich kann verstehen, dass du bei dem Beispiel mit der Robbenmutter wenig Verständnis zeigen konntest.

    Vielen Dank für diese interessante Buchvorstellung und die aussagekräftige Rezension

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Liebe Tanja,

      von Lillis Fähigkeit mit den Tieren sprechen zu können ist natürlich jedes Kind fasziniert und auch mir gefällt das richtig gut. Aber ich möchte auch, dass Kinder reale Bedingungen erkennen und nicht wie von Zauberhand eine schöne Scheinwelt erleben. Das ist der falsche Ansatz.

      Liebe Grüße
      Barbara

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  3. Hallöchen,
    ich war am Anfang von der Buchreihe begeistert, aber irgendwann kippte es. Da meine Tochter dem Lesealter von Liliane entwachsen ist, zieht auch kein weiteres Buch bei uns ein.
    GLG,
    Mel

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    1. Hallo Mel,

      das kann ich gut nachvollziehen.

      Liebe Grüße
      Barbara

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  4. Guten Abend liebe Barbara,
    ich kenne die Reihe von anderen Bloggern- und habe sogar welche auf meiner Wuli. Doch wenn ich mir Deine Rezension so durchlese, bin ich gerade sehr skeptisch ob ich dann überhaupt mit Band 1 anfangen soll. Dass so viele Problemthemen integriert wurden und auch noch falsche Informationen in diesem Buch enthalten sind finde ich echt fragwürdig..
    Schade, dass das Buch nicht überzeugen konnte.
    Liebe Grüße
    Andrea ♥

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    1. Liebe Andrea,

      da ist mir doch dein Kommentar durch die Lappen gegangen. Entschuldige! :-)
      Vielleicht sind die anderen Bände nicht so problemüberladen und realistischer umgesetzt. Das kann ich dir nicht sagen, von Erzählstil her hat es mir sehr gefallen und vielleicht bin ich ja auch zu kritisch. Aber bei Kinderliteratur schaue ich gern genau hin.

      lg Barbara

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